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„Übertriebener Datenschutz ist nur etwas für Gesunde“

02.10.2015 10:48
Mit dieser zugespitzten Formulierung im Zusammenhang mit dem geplanten E-Health-Gesetz traf der ehemalige gesundheitspolitische Sprecher der CDU Jens Spahn vor einiger Zeit genau ins Schwarze und befeuerte das Dauerthema Datenschutz im Gesundheitswesen erneut. Um die Auswirkungen und Notwendigkeiten vor dem Hintergrund von eGK, E-Health-Gesetz, IT-Sicherheitsgesetz zu diskutieren, luden die Gesundheitsforen Leipzig relevante Stakeholder am 24. September zum Fachsymposium ein.

Die kaum vermeidbaren Datenspuren, die bei der Nutzung  von Online-Diensten entstehen, können strukturiert ausgewertet und zu aussagekräftigen Nutzerprofilen zusammengeführt werden. Diese Verknüpfung von Daten kann das Verhalten, die Interessen und Gewohnheiten von Menschen vorhersehbar und damit beeinflussbar machen. Um diese Gefahr einzudämmen, sind von Seiten der Datenschützer große Anstrengungen notwendig.

Die dafür vorgesehenen Gesetze für Datenschützer seien  in der Praxis schwer greifbar. Denn die entsprechenden Gesetzestexte, wie etwa das IT-Sicherheitsgesetz oder der Referentenentwurf zum E-Health-Gesetz, lieferten keine konkreten Begriffsdefinitionen für „angemessene Datensicherungsmaßnahmen“, „den neusten Stand der Technik“ oder „sichere Authentifizierungsverfahren“. Was genau mit „sicher“ oder „angemessen“ gemeint ist, lasse der Gesetzgeber offen, was einen großen Deutungsspielraum ermögliche.

Mit provokanten Thesen ermunterte Sebastian Vorberg, Fachanwalt für Medizinrecht und Vorstandssprecher des Bundesverbands für Internetmedizin die Teilnehmer, neue Wege zu gehen und sich technischen Entwicklungen nicht zu verschließen. Denn die Patienten von heute würden ihren Weg zu E-Health-Angeboten im Internet auch ohne die Krankenkassen finden. Die für Datenschützer unliebsamen „Graubereiche“ der Gesetzgebung, die bisher eher gemieden wurden, sollte man seiner Meinung nach genau ausloten und nach technischen und rechtlichen Lösungen suchen.

Datenschutz - eine Frage der Perspektive

Der Datenschutzbeauftragte solle zum „Einwilligungsbeauftragten“ werden und den Versicherten als mündigen Patienten verstehen. In Bezug auf das bestehende Fernbehandlungsverbot appellierte der Jurist an das Publikum. Es werde immer genügend mutige Ärzte geben, die keine Angst vor Haftungsrisiken hätten und sich die neuen technischen Möglichkeiten stattdessen zu Nutze machen würden, um Patienten eine bestmögliche Betreuung zukommen zu lassen, etwa in ländlichen Regionen wo Fachärzte rar sind. Beim Stichwort „digitale Gesundheit“ empfahl er den Datenschützern, sich als Ziel zu setzen, Vertrauen und Transparenz zu schaffen.

Insgesamt könne festgehalten werden, dass vor allem die Interpretation und Auslegung von Gesetzen und zeitgleich die rasante Entwicklung in der Digitalisierung eine Herausforderung für die Datenschützer im Gesundheitswesen darstelle. Es stehe nach wie vor die Frage im Raum, wie sich in diesem Bereich Transparenz schaffen und erhalten lasse. Als Zukunftsvision skizzierten die Teilnehmer des Symposiums, dass sich Patienten künftig bei der Suche nach geeigneten Gesundheitsapps und E-Health-Angeboten zuerst an ihre Krankenversicherungen wenden, statt in Appstores danach zu recherchieren. Um dahin zu kommen, gelte es jedoch für Krankenversicherer, erst einmal ihre Rolle vor dem Hintergrund der voranschreitenden Digitalisierung zu finden.

Weitere Informationen zur Veranstaltung erhalten Sie unter www.gesundheitsforen.net/datenschutz


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