Sie sind hier: Startseite Nachrichten BPI: Versorgung gefährdet

BPI: Versorgung gefährdet

13.06.2012 09:56
Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) hat auf seiner Jahreshauptversammlung die Bundesregierung dringend zum Handeln im Bereich der Arzneimittelversorgung aufgefordert. Sonst könne es zu Versorgungsproblemen mit innovativen Arzneimitteln und zu wirtschaftlichen Problemen bis hin zum Stellenabbau - gerade für mittelständische und kleine pharmazeutische Unternehmen - kommen.

So sei es notwendig, bei der frühen Nutzenbewertung Klarheit und Verlässlichkeit in die Auswahl der zweckmäßigen Vergleichstherapie zu bringen. Die jetzige Situation sei für den Unternehmer ein reines Glücksspiel. Die Vergleichstherapie würde nicht nach Maßstäben der evidenzbasierten Medizin, sondern ausschließlich nach wirtschaftlichen Kriterien ausgewählt. "Wenn ein pharmazeutisches Unternehmen eine andere Vergleichstherapie als der Gemeinsame Bundesausschuss wählt, muss es diese ausreichend begründen. Das kann ich aber nur valide, wenn ich die Gründe für die G-BA-Entscheidung kenne. Doch dieser muss seine Auswahl nicht begründen. Zudem führt dies dazu, dass das IQWiG die Vergleichstherapie dann noch einmal nach seinen Ideen interpretiert. Grundlage muss aber sein, dass die Vergleichstherapie der Zulassung die zweckmäßige ist. Wenn der G-BA abweichen will, muss er triftige Gründe haben und diese in schriftlicher Form kundtun. Die jetzige Praxis birgt die Gefahr, dass immer mehr Unternehmen den deutschen Markt meiden. Und damit stünden innovative Arzneimittel deutschen Patienten nicht zur Verfügung", erklärte Dr. Bernd Wegener, Vorstandsvorsitzender des BPI.

Zudem sei es dringend erforderlich, die Vertraulichkeit der Erstattungspreise gesetzlich zu verankern. Diese Chance böte sich in der Reform des Arzneimittelgesetzes, doch sie werde vertan. Derzeit würden zwölf Länder in Europa den deutschen Listenpreis direkt zur Bildung der Preise heranziehen. Weltweit täten dies viel mehr Staaten: Kanada, Taiwan, Japan, Ägypten oder Israel. Wenn in Deutschland verhandelte Rabatte öffentlich wären, würde jeder eingeräumte Euro-Rabatt eine internationale Hebelwirkung entwickeln und die Verhandlungsspielräume für den nationalen Markt minimieren. Kein anderes Land in Europa käme auf die Idee, Rabatte oder Rückzahlungen zu veröffentlichen. Industriepoltisch wäre dies Wahnsinn. "Die GKV sollte sich darüber bewusst sein, dass die Vertraulichkeit eben auch für sie besser ist. In einer Situation, in der ich den angebotenen Rabatt nicht veröffentlichen muss und in der er nicht Grundlage für weltweite Preisreduzierung ist, kann ich als Unternehmen der GKV einen höheren Rabatt anbieten und dies käme durch geringere Ausgaben der Kassen unmittelbar den
Versicherten zugute. Und zudem gilt: vertraulich ist nicht geheim. Alle Institutionen, die in Deutschland zur Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben den Erstattungspreis kennen müssen, sollen und müssen Zugang zu diesem haben", so Wegener.

Für den gesamten Bereich der pharmazeutischen Industrie forderte der BPI erneut die Begründung ein, warum das Preismoratorium und die erhöhten Zwangsabschläge noch immer Bestand hätten. "Sie wurden in einer Zeit eingeführt, als wir mit elf Milliarden Euro Defizit bei den Krankenkassen rechneten, jetzt haben wir 20 Milliarden Überschuss. Hier muss der Minister endlich die Berechnungsgrundlagen offen legen", forderte der Vorstandsvorsitzende. "Mit liberaler Beliebigkeit muss Schluss sein!".