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Neues Modell zum Ausgleich der Krankengeldausgaben vorgestellt

22.06.2016 14:39
Experten haben ein neues Berechnungssystem vorgelegt, um künftig den Finanzbedarf der gesetzlichen Krankenkassen für ihre Krankengeldausgaben besser vorherzusagen. Sie empfehlen, vor allem Erkrankungen sowie den individuellen Verdienst der Mitglieder einzubeziehen. Das geht aus einem Gutachten eines Konsortiums bestehend aus Experten des IGES Instituts, des WIG² sowie den Gesundheitsökonomen Prof. Eberhard Wille und Prof. Wolfgang Greiner hervor.

Im heutigen Ausgleichssystem erhielten manche Kassen nur 80 Prozent der Mittel, die sie für das Krankengeld benötigen, andere dagegen das Doppelte. „Auch wenn derzeit die Hälfte dieser Fehldeckungen ausgeglichen wird, kann der Unterschied noch mehrere Zehntelprozentpunkte im Zusatzbeitrag ausmachen und damit dramatische Auswirkungen auf die Mitgliederentwicklung einer Kasse haben“, sagt Dr. Karsten Neumann, Geschäftsführer des IGES Institut.

Die zu ungenauen Mittelzuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für das Krankengeld werden seit langem diskutiert und Anpassungen unter anderem im Koalitionsvertrag der Bundesregierung gefordert. Die nun vorgelegte Analyse „Verbesserung der Deckungsquoten im Krankengeld“ will Fragen des Bundesversicherungsamtes (BVA) aufnehmen, das zum Krankengeld ein aktuell noch unveröffentlichtes Gutachten beauftragt hat. Sie beruht auf Daten von rund drei Millionen krankengeldberechtigten Mitgliedern und entstand für 13 Betriebs-, Ersatz- und Innungskrankenkassen.

Laut BVA sollten künftig vor allem zwei wichtige Treiber des Krankengeldes kassenspezifischer berechnet werden: Wie oft und wie lange Kassenmitglieder die Lohnersatzleistung beziehen und wie hoch diese ist. Das BVA spricht von einer Mengen- und einer Preiskomponente. Beides variiert bei Krankenkassen je nach Zusammensetzung ihrer Mitglieder und ist für sie nur bedingt zu beeinflussen.

Weitere wichtige Faktoren: Wohnort, Branchen und Beschäftigtenstatus

Das Gutachten zeigt einen starken Einfluss des Krankheitsgeschehens der Versicherten - der Morbidität- vor allem auf die „Menge“ an zu finanzierenden Krankengeldtagen. Noch genauer können die Kassenausgaben prognostiziert werden, wenn zusätzlich die Wohnregion und das Einkommen eines Versicherten, die Branche des Arbeitgebers sowie der Beschäftigungsstatus – befristet oder unbefristet, Voll- oder Teilzeittätigkeit - einbezogen werden. Alter, Geschlecht und der Bezug einer Erwerbsminderungsrente zählen auch dazu und fließen bereits heute ein.

Um die Krankengeldausgaben einer Kasse gut vorherzusagen, müsse ergänzend der mitgliederindividuelle Bruttolohn berücksichtigt werden. Damit unterscheide sich der Krankengeldausgleich nach Art der verwendeten Faktoren grundlegend vom Morbi-RSA.

Durchschnittliche Abweichung sinkt um die Hälfte

Bei den untersuchten Krankenkassen verringerten sich die Fehler laut Untersuchungsergebnissen sowohl bei zu hohen als auch bei zu niedrigen Zuweisungen deutlich: Wichen sie zuvor durchschnittlich um 11,8 Prozent von einem hundertprozentigen Ausgleich ab, so reduziert sich die durchschnittliche Abweichung durch das vorgeschlagene Modell um die Hälfte auf 5,9 Prozent. Auch für die einzelnen Mitglieder kann das Krankengeldrisiko dreifach besser vorhergesagt werden, das sogenannte „Bestimmtheitsmaß“ wächst von rund fünf auf 18 Prozent.

Krankengeldausgaben in Höhe von elf Milliarden Euro pro Jahr

Krankengeldzahlungen machen aktuell rund fünf Prozent der Kassenausgaben aus. Sie stiegen zwischen 2006 und 2014 um 85 Prozent von rund sechs auf elf Milliarden Euro jährlich. Die Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wuchsen im gleichen Zeitraum lediglich um 40 Prozent auf 194 Milliarden Euro. „Die steigenden Krankengeldausgaben und das derzeitige Ausmaß der Fehldeckungen zeigen, wie reformbedürftig die Zuweisungssystematik beim Krankengeld ist“, sagt   Dr. Dennis Häckl, Geschäftsführer des WIG².

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