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Wandel erkannt

10.05.2012 12:15
Massiver Kostendruck im Gesundheitswesen, veränderte rechtliche Rahmenbedingungen, neue Marktakteure und Geschäftsmodelle führen zu einem Wandel in der Gesundheitsversorgung. Die Unternehmen der Gesundheitsbranche bleiben von dieser Entwicklung nicht verschont und stehen unter einem hohen Veränderungsdruck. Vor diesem Hintergrund führte SEMPORA Consulting im vierten Quartal 2011 eine Befragung durch, in der die Einschätzung von Führungskräften und Experten aus 45 bedeutenden Pharma- und Gesundheitsunternehmen zur Dynamik in der Versorgerlandschaft erhoben wurde.

>> Ein Großteil der befragten Healthcare-Unternehmen sieht deutliche Veränderungen bereits in
den kommenden drei bis fünf Jahren Realität werden: Für fast 60 Prozent der befragten Entscheider stehen „starke“ oder „sehr starke“ Veränderungen der Versorgungsstrukturen unmittelbar bevor. Die Autoren der Studie identifizieren fünf „Mastertrends“, die die absatzstrategischen Herausforderungen der nächsten Jahre prägen sollen:
1. Zentralisierung der Entscheidungen auf allen relevanten Versorgerebenen: Ambulante und stationäre Leistungserbringer, Distribution und Kostenträger
2. Zunehmend sektorübergreifende Versorgung und vernetzte Zusammenarbeit entlang des Patienten- und Therapiepfades
3. Hohes Versorgungsgefälle, insbesondere zwischen urbanen und ländlichen Regionen
4. Kosten-Nutzenbewertung für neue Arzneimittel nach AMNOG
5. Mehr Wettbewerb durch neue Marktakteure mit neuen Ge-schäftsmodellen in der Gesundheitsversorgung
Besondere Relevanz für die Marketing- und Vertriebsstrategie der Healthcare-Unternehmen kommt aus der Sicht der Befragten der Tatsache zu, dass Entscheidungen künftig zunehmend von zentralisierten Einheiten getroffen werden, und nicht von einzelnen Ärzten beziehungsweise Praxen. In der ambulanten Versorgung sehen die Unternehmen eine deutliche Entwicklung Richtung Medizinischer Versorgungszentren und Ärztenetze – zu Lasten der Bedeutung einzelner (Allgemein-) Arztpraxen. Im stationären Sektor erwarten die Befragten eine wachsende Relevanz von Krankenhausketten.

Von der Einzelpraxis zum Key Account

Hinsichtlich der Arzneimitteldistribution für Rx- und OTC-Präparate ergab die Umfrage, dass die Mehrheit der Entscheider sich der Tatsache bewusst ist, dass die Apotheken-Kooperationen und der Apotheken-Versandhandel eine hohe Dynamik aufweisen, und dass diese zentralisierten Einheiten neue Chancen in der Erschließung von Marktpotentialen bieten (s. Abb. ). Einen erheblichen Bedeutungsverlust prognostizieren die Umfrage-Teilnehmer hingegen für die Einzelapotheke und den pharmazeutischen Großhandel.
„Damit ist eine wichtige absatzstrategische Stoßrichtung für viele Unternehmen vorgezeichnet“, kommentiert Thomas Golly, Managing Partner der Strategieberatung SEMPORA Consulting, die Studienergebnisse. Es sei zudem naheliegend, dass neben die traditionelle vertriebliche Arbeit der Pharmareferenten der Ausbau von Key-Account-Strukturen im ethischen Bereich und die Entwicklung entsprechender Mehrwertkonzepte treten wird. Laut Umfrage sehen 90 Prozent der Unternehmen dies als bedeutendes Instrument zur Erschließung von Wachstumspotentialen an. „In welchem Umfang, mit welchen Betreuungskonzepten und in welchem Timing das Key Account Management die traditionelle Arbeit des Arzt-Außendienstes ersetzt oder ergänzt, wird gegenwärtig bei vielen Pharmaunternehmen intensiv diskutiert“, erklärt Golly.

Patientenfokus und Stakeholder Management

Die Breite der Veränderungen in der Gesundheitsversorgung erfordere neben intensivierter Accountbearbeitung auch die stärkere Einnahme der Patientenperspektive und den Ausbau entsprechender Instrumentarien, lautet ein weiteres Fazit der Studienautoren. In der Konsequenz stehe die Entwicklung eines patientenzentrierten Marketing weit oben auf der Agenda: 90 Prozent der Unternehmen schätzen dieses Vorgehen als „wichtig“ oder „sehr wichtig“ ein.
Parallel dazu will die Mehrheit der Unternehmen offenbar den Dialog und die Bearbeitung von Meinungsführern in der Gesundheitsversorgung intensivieren. Vier von fünf Entscheidern sehen im Stakeholder- und Key Opinion Leader Management eine hohe Bedeutung für die Erzielung von Wettbewerbsvorteilen.
Die Studie hat vor allem eindeutig gezeigt, dass die aktuellen und unmittelbar anstehenden strukturellen Veränderungen in der Versorgerlandschaft von den Marktakteuren deutlich wahrgenommen werden. Golly schlussfolgert: „Dabei wird es eindimensionale Antworten in der Marktbearbeitung nicht geben. Vielmehr müssten konzeptionell und kapazitativ neue Wege in der Bearbeitung und Erschließung der drei Ebenen „Accounts“, „Patienten“ und „Stakeholder“ beschritten werden, führt er aus. Offensichtlich ist für ihn, dass nur die Entwicklung einer ganzheitlichen Strategie für nachhaltige Wettbewerbsvorteile sorgen können wird. <<

Ausgabe 03 / 2012