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Auch Abbvie klagt gegen GKV-Finanzstabilisierungsgesetz

01.06.2023 19:54
Abbvie Deutschland geht den gleichen Weg wie am 25. Mai bereits das Pharmaunternehmen Roche und hat eine Verfassungsbeschwerde gegen das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe erhoben. Da die Regelungen des neuen Gesetzes aus November 2022 innovative Medikamente geringer incentivieren, würden medizinische Innovationen für die Zukunft systematisch abgewertet. Dies geschehe, um die Finanzierungslücke der gesetzlichen Krankenkassen kurzfristig zu schließen, so das Unternehmen in seiner Verfassungsbeschwerde.

Abbvie bewertet die Maßnahmen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) nicht nur als innovations- und standortfeindlich, sondern auch als Verletzung seiner in der Verfassung garantierten Rechte und führt ein Beispiel an: Das GKV-FinStG besage, dass neue Medikamente mit dem wissenschaftlich begründeten gleichen Nutzen wie zugelassene Standardtherapien mindestens 10 % weniger kosten müssen als diese. Diese Regelung verstoße laut des Unternehmens gegen das Grundrecht auf Gleichbehandlung vor dem Gesetz. Abbvie hat daher am 31. Mai 2023 eine Verfassungsbeschwerde erhoben.

Das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz trat im November 2022 mit dem Ziel in Kraft, kurzfristig die Finanzierungslücke der gesetzlichen Krankenkassen von etwa 17 Milliarden Euro für das Jahr 2023 zu schließen.

Mit dem Gesetz seien dann allerdings drastische neue Maßnahmen zur Kostenbegrenzung im Gesundheitswesen eingeführt worden, die mit der Logik des bewährten und erfolgreichen AMNOG-Systems auf Dauer brechen, kritisiert das Unternehmen. So sei ohne erkennbare Begründung ein zusätzlicher Rabatt von 20% auf Kombinationstherapien eingeführt worden. Neue so genannte "Leitplanken" zu den Erstattungsbetrags-Verhandlungen zwischen Krankenkassen und Unternehmen führten dazu, dass der Wert innovativer Medikamente systematisch geringer honoriert werde. So dürften z.B. neue Medikamente mit einem Zusatznutzen gegenüber patentgeschützten Standardtherapien oftmals keinen höheren Preis mehr erzielen. Produkte mit gleichem Nutzen müssten sogar zu einem mindestens 10% geringeren Preis auf den Markt gebracht werden. Investitionen in die Erforschung neuer Medikamente, mit dem Ziel die Patientenversorgung immer weiter zu verbessern, ließen sich somit kaum noch realisieren.

"Abbvie ist in Deutschland über alle Bereiche präsent und engagiert, mit insgesamt über 3.000 Mitarbeiter:innen an unserem großen Forschungs- und Produktionsstandort in Ludwigshafen sowie am Hauptsitz in Wiesbaden. Allein 2021 haben wir 1 Milliarde Euro zum deutschen Bruttoinlandsprodukt beigetragen. Dafür braucht es Vertrauen und verlässliche Rahmenbedingungen im deutschen Gesundheitswesen. Das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz sendet mit willkürlichen Eingriffen in das Erstattungssystem unklare Signale und kann die Patientenversorgung als auch den für unsere Branche immens wichtigen Standort Deutschland aufs Spiel setzen", so Olaf Weppner, Vice President und Geschäftsführer Commercial sowie Sprecher der Geschäftsführung bei Abbvie Deutschland.

Mit der Verfassungsbeschwerde soll nun das Bundesverfassungsgericht prüfen, ob mit dem GKV-FinStG eine Verletzung der Grundrechte von AbbVve Deutschland vorliegt.

"Als forschendes Pharmaunternehmen wollen wir ein nachhaltiges Gesundheitssystem in Deutschland ermöglichen, doch dies sollte lösungsorientiert und im Dialog der Politik mit allen relevanten Akteuren geschehen - das schließt auch die pharmazeutische Industrie mit ein", appelliert Weppner.