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Kritik vom Virchowbund: Bayerische Zwangsmaßnahmen entmachten die KV

30.03.2020 15:34
Die Zwangsmaßnahmen im Rahmen des Bayerischen „Notfallplan Corona-Pandemie“ stoßen auf scharfe Kritik: „Die Entmachtung der Kassenärztlichen Vereinigung und die drohende Zwangsverpflichtung von Vertragsärzten sind völlig unnötig und demotivierend“, erklärt der Bundesvorsitzende des Virchowbundes (Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands), Dr. Dirk Heinrich.

„Wir niedergelassenen Ärzte sind bislang hochmotiviert und wir stellen uns dem Virus in vorderster Linie. Als erster Schutzwall in der Versorgung sind wir seit Wochen ohne ausreichende Schutzausrüstung tätig. Wir übernehmen Aufgaben, die eigentlich der öffentliche Gesundheitsdienst zu bewältigen hätte. Anstatt die eigenen, staatlichen Verpflichtungen zu erfüllen, wird der Freistaat übergriffig und versucht durch eine Politik mit der Brechstange, Handlungsfähigkeit zu beweisen“, betont Dr. Heinrich.

Mit dem „Notfallplan Corona-Pandemie“, der sofort mit seiner Verkündung am 27.03.2020 in Kraft trat, wird in Bayern – dort herrscht seit 16.03.2020 der Katastrophenfall – in jedem Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt ein „Versorgungsarzt“ eingesetzt, der umfassende Befugnisse in der gesundheitlichen Versorgung erhält und dem auch die Kassenärztliche Vereinigung unterstellt ist.

„Seit über 70 Jahren machen wir Kassenärzte nichts anderes als ambulante Versorgung. Dieses System und die Arbeit der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte ist der Grund, dass wir eines der besten Gesundheitssysteme der Welt haben. Dies hat im Übrigen auch dazu geführt, dass die Corona-Krise in Deutschland bislang glimpflicher verlaufen ist als andernorts. Man sollte also die ambulante Versorgung denen überlassen, die davon etwas verstehen. Wie staatliche Stellen mit der Organisation von beispielsweise Schutzmaterialien umgehen können, sehen wir leidvoll seit einigen Wochen“, so der Virchowbund-Vorsitzende.

 

Der Notfallplan sieht unter anderem Folgendes vor:

• Planung und Vorbereitung aller notwendigen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der ärztlichen Grundversorgung durch den staatlichen „Versorgungsarzt“

• Verfügbarkeit von Praxisärzten auf Anforderung des „Versorgungsarztes“ im Rahmen ihrer Ressourcen

• Zurverfügungstellung von geeignetem Personal unter anderem zur Einrichtung von Schwerpunktpraxen für die Untersuchung und Behandlung von COVID-19-Patienten

• Einrichtung und Betrieb von örtlichen Testzentren einschließlich der etwaigen Verpflichtung medizinischen Personals

Vor allem die Zwangsverpflichtung von Kassenärzten beim Einsatz in Testzentren kritisiert Dr. Heinrich scharf: „Wir werden bei der Behandlung von COVID-19-Patienten dringender benötigt als bei der Testung von derzeit rund 90 Prozent negativ getesteter Nicht-Corona-Patienten. Testen ist keine Aufgabe der Vertragsärzteschaft, sondern des öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD). Hier werden die eklatanten Versäumnisse der Politik bei der jahrelangen Vernachlässigung des ÖGD durch den Einsatz von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten kaschiert.“

Heinrich fordert alle politisch Verantwortlichen auf, mit Augenmaß und Besonnenheit zu agieren: „Angst darf nicht die Vernunft auffressen.“