Ende der Krankschreibungen per Telefon gefährdet medizinisches Personal und Patienten
Dabei sollte die Ausnahmeregelung der AU-Richtlinie ursprünglich bis zum 23. Juni 2020 gelten. Und das aus gutem Grund, so die Einschätzung der Freien Ärzteschaft, denn damit sollte das Ansteckungsrisiko in den Arztpraxen verringert werden. Ärzte konnten deshalb bisher eine Arbeitsunfähigkeit (AU) auch telefonisch feststellen.
„Vermutlich auf Druck von Wirtschaft und Krankenkassen wird diese Regelung nun zurückgenommen – die dadurch wachsende Gefährdung von nicht-infizierten chronisch Kranken und medizinischem Personal wird offenbar in Kauf genommen“, kritisiert FÄ-Vize Dr. Axel Brunngraber. „Mehr als fünf Prozent der erfassten Infizierten stammen jetzt schon aus den Gesundheitsberufen – das ist wohl noch nicht genug. Covid-19 ist auch für medizinisches Personal eine gefährliche Erkrankung. Wir fordern die Beibehaltung der telefonischen Krankschreibung wie geplant bis zum 23. Juni.“
Besonders widersinnig erscheine die G-BA-Entscheidung vor dem Hintergrund, dass eine Firma unter AU-Schein.de weiter AU-Bescheinigungen online verkaufen darf. „Obwohl dieses Vorgehen in völligem Gegensatz zu den AU-Richtlinien des G-BA steht, wird nichts dagegen unternommen. Hier sollte der G-BA handeln“, fordert Wieland Dietrich.
Zudem habe Bundesarbeitsminister Hubertus Heil inzwischen den Arbeitsschutzstandard COVID-19 klargestellt: „Personen mit erkennbaren Symptomen (auch leichtes Fieber, Erkältungsanzeichen, Atemnot) verlassen den Arbeitsplatz bzw. bleiben zu Hause, bis der Verdacht ärztlicherseits aufgeklärt ist.“ FÄ-Chef Dietrich erläutert: „Die Betroffenen sollen schließlich ihre Kollegen nicht gefährden. Auch das Personal in den Arztpraxen darf nicht gefährdet werden – die Praxisinhaber sind für den Schutz ihrer Mitarbeiter verantwortlich. Am besten aufgehoben sind Patienten mit leichten Atemwegssymptomen daher zu Hause, gegebenenfalls mit Testung, und wer einen AU-Schein benötigt, muss diesen auch weiterhin per Telefon gekommen können.“