Sie sind hier: Startseite Nachrichten G-BA stellt Rekord mit 146 abgeschlossenen Verfahren in 2021 auf

G-BA stellt Rekord mit 146 abgeschlossenen Verfahren in 2021 auf

11.01.2022 10:53
Zum Jahresbeginn zieht der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) eine Bilanz seiner Bewertung von neuen Arzneimitteln im Jahr 2021. Neben einer Rekordzahl an Bewertungen konnte der G-BA fünfmal das höchste Gütesiegel „erheblicher Zusatznutzen“ vergeben. Auch inhaltlich-therapeutisch ist das Jahr 2021 vielseitig gewesen: Neben vielen neuen Krebsmedikamenten bewertete der G-BA beispielsweise auch das erste antivirale Arzneimittel gegen COVID-19, neuartige Gentherapeutika und hochpreisige Wirkstoffe gegen spinale Muskelatrophie.

Dazu Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA und Vorsitzender des Unterausschusses Arzneimittel: „Mit 146 Zusatznutzen-Beschlüssen hat der G-BA im Jahr 2021 einen neuen Rekord aufgestellt. Das gab es bisher noch nie. Für die Patientinnen und Patienten ist das eine sehr gute Nachricht. Zeigt es doch: Die Forschungsleistung der Hersteller ist ungebrochen hoch. Aber es bedarf eben auch einer qualitativen Einordnung dahingehend, wie groß die Therapiefortschritte tatsächlich sind. Und genau das tut der G-BA. Das sind wichtige Informationen für die Behandlung der Patientinnen und Patienten, aber eben auch für die Preisgestaltung. Das im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung festgehaltene Vorhaben, die Zeitspanne der freien Preisbildung durch den Hersteller von derzeit 12 auf zukünftig 6 Monate zu verkürzen, ist richtig. Denn mit dem G-BA-Beschluss wissen wir zu diesem Zeitpunkt ja bereits, ob das neue Arzneimittel tatsächlich einen zusätzlichen Nutzen hat und wenn ja, wie groß dieser ist.“

Hecken weiter: „Die Zahl von 146 abgeschlossenen frühen Nutzenbewertungen ist ein Beweis für die Leistungsfähigkeit des G-BA, der auch die Kritiker, die immer wieder mit den gleichen Argumenten unsere Effizienz in Frage stellen, zumindest zum Nachdenken anregen sollte: Alle 146 Verfahren wurden fristgerecht abgeschlossen. Jedem Beschluss ist eine in der Regel mehrere hundert Seiten umfassende wissenschaftliche Bewertung des vom pharmazeutischen Unternehmer vorgelegten Dossiers vorangegangen, zu der Expertinnen und Experten Stellung nehmen konnten. Zu jedem schriftlichen Stellungnahmeverfahren erfolgt eine mündliche Anhörung mit klinischen Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft, von Unternehmen sowie von Pharmaverbänden. Das waren im letzten Jahr 128 Stunden Anhörungen zu neuen Wirkstoffen mit insgesamt 1685 externen teilnehmenden Personen. Im nächsten Schritt beraten die G-BA-Gremien, Arbeitsgruppe und Unterausschuss, detailliert über das Dossier, die Dossierbewertung sowie die Stellungnahmen. Auf dieser Grundlage beschließt das G-BA-Plenum schließlich eine gerichtsfeste evidenzbasierte Bewertung des Nutzens. Einen Eindruck, mit welcher wissenschaftlichen Tiefe und juristischen Präzision in jedem einzelnen dieser Verfahren in den zur Verfügung stehenden 6 Monaten gearbeitet wird und welche Menge an Studiendaten dabei ausgewertet werden muss, vermitteln die zusammenfassenden Dokumentationen zum Bewertungsverfahren von Filgotinib gegen rheumatoide Arthritis oder von Remdesivir gegen COVID-19. Diese Dokumentationen verdeutlichen, welch gigantische Leistung sich hinter der nüchternen Zahl von 146 Verfahren verbirgt, auf die wir stolz sind. Diese Leistung ist europaweit beispielhaft und wird fachlich als Goldstandard angesehen.“

Hecken abschließend: „Zieht man die Anzahl der Beratungsgespräche, die Pharmafirmen beim G-BA nutzen, als Indikator heran, dürfte das kommende Jahr ähnlich viele Beschlüsse bereit halten wie 2021: 271-mal suchten Pharmafirmen 2021 in offiziellen Beratungsgesprächen, die gebührenpflichtig sind und exakt protokolliert werden, den Austausch mit dem G-BA und damit etwas öfter als noch im Jahr zuvor. Erfreuliche Entwicklung dabei: In ca. 100 Fällen ging es um die Planung von klinischen Studien. Das ist eine Steigerung um 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Ich interpretiere das gerne als Hinweis, dass die Hersteller ihr Studiendesign verbessern wollen, um belastbare Daten für die spätere Nutzenbewertung zu generieren. Im kommenden Jahr werden wir sicherlich auch Beschlüsse zu Reserveantibiotika treffen. Zwar gilt bei ihnen der Zusatznutzen gesetzlich als belegt, trotzdem muss der G-BA aktiv werden. Er legt z. B. Regeln für eine qualitätsgesicherte Anwendung fest.“

Details zu den Beschlüssen 2021

Der G-BA fasste im vergangenen Jahr 146 Zusatznutzen-Beschlüsse (im Jahr 2020 waren es 92). Davon betrafen 56 Verfahren neue Arzneimittel gegen Krebsleiden. Daneben bewertete der G-BA im letzten Jahr auch neue Therapien gegen Erkrankungen, die sonst nicht so im Fokus der Forschung stehen, beispielsweise ein Arzneimittel zur akuten Kurzzeitbehandlung von Depression und zur Behandlung der Influenza.

Der Anteil von Arzneimitteln gegen seltene Krankheiten lag bei 19 Prozent und damit auf vergleichbarem Niveau wie in früheren Jahren.

Insgesamt fünfmal konnte der G-BA einen erheblichen Zusatznutzen anerkennen und damit die beste Kategorie vergeben. Nämlich erstens für die Wirkstoffkombination Ivacaftor/Tezacaftor/Elexacaftor in Kombination mit Ivacaftor zur Behandlung von Mukoviszidose (zystischen Fibrose) bei Patientinnen und Patienten ab 12 Jahren für zwei unterschiedliche genetische Ausprägungen. Ebenfalls so hoch stufte der G-BA zweitens den Wirkstoff Nusinersen bei einer bestimmten Patientengruppe ein, die an der seltenen Erbkrankheit spinale Muskelatrophie (SMA) leidet. Sie führt bereits bei Kleinkindern zu einem Muskelschwund und Lähmungen.