Sie sind hier: Startseite Nachrichten Memonrandum zu MVZ veröffentlicht

Memonrandum zu MVZ veröffentlicht

15.02.2023 11:14
Im Rahmen der aktuellen Debatte um Medizinische Versorgungszentren (MVZ) wurde am 15.2.23 in einer Pressekonferenz in Berlin das Memorandum mit dem Titel „Die Rolle von MVZ in der ambulanten medizinischen Versorgung – besteht regulatorischer Handlungsbedarf?“ vorgestellt. Verfasst wurde die Publikation auf Initiative des Bundesverbands der Betreiber Medizinischer Versorgungszentren (BBMV) und des Verbands Akkreditierte Labore in der Medizin e.V. (ALM) von Prof. Dr. Frank-Ulrich Fricke, Werner Köhler sowie Dr. Stephan Rau.

Zum Thema wurden laut der Autoren bereits zahlreiche Studien und Positionspapiere veröffentlicht. Das aktuelle Memorandum mache deutlich, dass es in den bisherigen Studien keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass unterschiedliche Kapitalgeberstrukturen die ambulante Versorgung verschlechtern oder verteuern. Es gebe keine Evidenz dafür, dass Kapitalinteressen ärztliche Entscheidungen beeinflussten oder eine Zunahme von MVZ der Versorgung von Patientinnen und Patienten schadeten. Mit Blick auf die drängenden strukturellen Herausforderungen in der medizinischen Versorgung sei ein qualitätsorientierter Wettbewerb mit einer größtmöglichen Vielzahl an Versorgungsformen, Trägern und Kapitalgebern notwendig. Das schließt MVZ mit nicht-ärztlichen, privaten Kapitalgeber ausdrücklich mit ein, so die Autoren.

„Träger- oder Inhaberschaft sind kein geeignetes Kriterium für eine gesetzliche Regulierung, betont die Vorsitzende des Bundesverbands der Betreiber medizinischer Versorgungszenten e.V., Sibylle Stauch-Eckmann. „Das Memorandum zeigt erneut, dass es keinen Zusammenhang zwischen der in MVZ geleisteten Patientenversorgung und der Inhaber- oder Trägerschaft gibt. Leider gerät auf Grund dieser Diskussion die wirklich wichtige Frage aus dem Blick, wie wir in Deutschland auch in Zukunft eine gute und wohnortnahe Gesundheitsversorgung sicherstellen können. Ich bin mir sicher, dass MVZ-Gruppen hier ein wichtiger Teil der Lösung sind. Die Potenziale dieser Versorgungsform müssen ohne Scheuklappen in die politische Diskussion einbezogen werden“, so Stauch-Eckmann.

„Ein qualitätsorientierter Wettbewerb in der medizinischen Versorgung braucht keine weiteren Beschränkungen in der Gründung von MVZ“, so der Vorsitzende der Akkreditierten Labore in der Medizin e.V., Dr. Michael Müller. „Es ist fraglich, wie solche Beschränkungen die ambulante Versorgungssituation verbessern sollen. Mit dem heute vorgelegten Memorandum leisten der ALM und BBMV einen wichtigen Diskussionsbeitrag in der Sache. Es ist an der Zeit, eine breitere öffentliche Debatte über die geplanten Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen zu führen, vor allem aber auch mit den Beteiligten selbst, anstatt nur über sie.“

Fast 80 Prozent der medizinischen Versorgung würden immer noch von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten in Praxen sichergestellt. Die räumliche Verteilung von MVZ zwischen städtischen Ballungsräumen und strukturschwächeren ländlichen Räumen entspreche in etwa der Verteilung der Bevölkerung. Häufig vorgebrachte und anderslautende Vorwürfe scheinen in erster Linie ideologisch geprägt und seien weniger durch die vorliegende breite Datenlage begründbar.

Die Forderungen nach einer Beschränkung von Gründungsmöglichkeiten durch nicht-ärztliche, private Kapitalgeber könnten eher dazu führen, dass es insbesondere auch in ländlichen Gebieten weniger attraktive Angebote für Ärzte gibt, im ambulanten Bereich tätig zu sein. Darüber hinaus könnte das Investitionsvolumen im ambulanten Bereich sinken, wenn auch private Kapitalgeber sich nicht mehr an MVZ in der ambulanten Versorgung beteiligen können, so die Autoren weiter.Alle bislang diskutierten Maßnahmen zur Begrenzung Medizinischer Versorgungszentren seien sowohl aus verfassungs- als auch aus europarechtlicher Perspektive zumindest fragwürdig.

 

Zu den Autoren des Memorandums:

  • Prof. Dr. Frank-Ulrich Fricke ist Professor für Gesundheitsökonomie an der Technischen Hochschule Nürnberg.
  • Werner Köhler war langjähriger Leitender Verwaltungsdirektor der Landwirtschaftlichen Krankenkasse Franken und Oberbayern in München und Mitglied in verschiedenen Gremien der Gemeinsamen Selbstverwaltung, u. a. Vorsitzender des Zulassungsausschusses Oberbayern und Richter am Sozialgericht München.