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Medscape Report 2022: „Gesellschaftliche und soziale Probleme in Deutschland – wie Ärzte diese belasten“

29.11.2022 11:13
Im Praxisalltag werden Ärzt:innen von vielen Seiten mit schwierigen gesellschaftlichen Themen konfrontiert – auch mit Rassismus, Migration oder LGBTQ+-Fragen. Die Pandemie hat die Probleme noch verschlimmert. Die neue Medscape-Umfrage zeigt auf, wie sie darüber denken und den großen Herausforderungen begegnen.

Die größten Sorgen machen sich Ärzt:innen in Deutschland wegen des Klimawandels und um den Zustand des Gesundheitssystems. Drei von vier Medizinern belasten diese beiden Problembereiche besonders stark. Das zeigen die Ergebnisse der neuesten Medscape-Umfrage, die das Onlineportal für Ärzte unter seinen Leserinnen und Lesern durchgeführt hatte. Bereits 63% der Ärzt:innen erleben Patienten, deren Gesundheit durch Umweltschäden beeinträchtigt ist.

Weitere wichtige Themen, wie Migration, Rassismus, häusliche Gewalt und Corona-Management, folgen auf der Liste der größten Sorgen von Medizinern. Ein Drittel der Ärzt:innen ist wütend und fühlt sich gestresst durch solche sozialen Probleme. Möglicherweise verstärkt dies ein problematisches Verhalten in den eigenen Reihen: Ein Drittel (32%) der Ärzt:innen bewertet den Drogenkonsum unter ihren Kollegen als sehr ernstes Problem. Fragen, die mit einer gesellschaftlichen Neuorientierung einhergehen, wie Genderfragen oder die LGBTQ+-Bewegung, beschäftigen die Ärzte laut den Umfrageergebnissen im Vergleich dazu eher nicht.

Gesellschaftliche Probleme werden auch seitens der Patientinnen und Patienten thematisiert und führen zu Diskussionen im Praxisalltag, berichten 83% der Ärzt:innen. Für mehr als ein Drittel (37%) aller befragten Ärzt:innen wirken sich Rassismus, Sexismus oder Drogenmissbrauch direkt in Ihrem Arbeitsalltag negativ aus.

Kritisch sehen die Ärzt:innen vor allem die Entwicklungen im Gesundheitssystem. Ein großer Teil der Umfrageteilnehmer (76%) sieht das Gesundheitssystem in keinem guten Zustand. Die Erfahrung einer großen Mehrheit (79%) ist, dass die Covid-Pandemie alles nur noch schlimmer gemacht habe. Ob eine Impfpflicht geholfen hätte – darüber sind sich die Ärzt:innen nicht recht einig. Immerhin befürwortet knapp die Hälfe (46%) eine generelle Impfpflicht gegen Covid. Aber ein Drittel (31%) lehnt sie generell ab.

Angesprochen auf Minderheiten-Themen, äußern Ärzt:innen auch professionelle Bedenken. Nahezu zwei Drittel (60%) haben bereits rassistische Äußerungen wahrgenommen und sehen dringenden Bedarf, verstärkt dagegen anzugehen (59%). Und: Mehr als die Hälfte (51%) schätzen das Risiko von LGBTQ+-Menschen, Gewalt zu erfahren, höher ein als bei anderen Menschen. Nach Überzeugung eines Drittels der Ärzt*innen führt Rassismus im Alltag zu Benachteiligungen, wenn es um den Zugang zu Gesundheitsleistungen geht.

Bei allen Meinungsunterschieden zu den sozialen Schwierigkeiten in Deutschland (der Umfragekatalog führt noch weitere Problemfelder auf) zeichnet sich eine Grundhaltung ab: Die Ärztinnen und Ärzte in Deutschland sind nicht nur betroffen und besorgt, sondern auch engagiert. So gaben 29% an, dass sie zum Beispiel Verdachtsfälle von häuslicher Gewalt gemeldet hätten. Und: Mehr als ein Drittel der Ärzt:innen beteiligen sich in Organisationen, um benachteiligten Mitmenschen zu helfen.

 

Für den aktuellen Medscape-Report „Gesellschaftliche und soziale Probleme in Deutschland – wie Ärzte diese belasten und bewerten“ gaben im Sommer (Juni bis August 2022) in einer Online-Umfrage ca. 900 der Leser ihre Meinung wieder.