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Vorhaben der EU-Kommission zur Zentralisierung der Arzneimittelbewertungen zerstört funktionierende Verfahren der Mitgliedstaaten

01.02.2018 14:03
Der unparteiische Vorsitzende des G-BA, Professor Josef Hecken, erklärte anlässlich des Regelungsentwurfs der EU-Kommission zur zentralisierten Bewertung neu zugelassener Arzneimittel in Berlin:

„Eine Zentralisierung der Bewertung von Arzneimitteln und Medizinprodukten, so wie jetzt von der Europäischen Kommission geplant, würde unzulässigerweise in die Autonomie und Zuständigkeit der einzelnen Länder für ihre Gesundheitssysteme eingreifen, denn in der Sozialversicherung hat die EU keine Regelungszuständigkeit und die Kompetenz zur Regelung des Binnenmarktes ist keine tragfähige Grundlage für eine so weitreichende und elementare Regelung, die unmittelbare  und tiefgreifende Auswirkungen auf den Ressourceneinsatz in den nationalen Gesundheitssystemen hätte und diese damit zentralistisch steuern könnte.

Eine zentralisierte HTA-Bewertung würde den sehr heterogenen nationalen Gesundheitssystemen nicht gerecht. Die methodisch unterschiedlichen Konzepte der HTA-Bewertungen zugelassener Arzneimittel sind berechtigt und zwingend geboten: Länder mit gesundheitsökonomisch ausgerichteter Bewertung wie Schweden, Niederlande und das Vereinigte Königreich benötigen andere methodische Ansätze und Studiendaten als Länder mit primär medizinisch ausgerichteter Bewertung wie Deutschland und Frankreich.

In Deutschland haben wir zur Beurteilung des tatsächlichen medizinischen Zusatznutzen von neuen Arzneimittel eine sehr gut funktionierende Zusammenarbeit zwischen einer unabhängigen wissenschaftlichen Bewertungsinstitution, dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), und dem G-BA als normativem Entscheidungsträger. Spezielle Versorgungsbedarfe und Patientengruppen innerhalb des deutschen GKV-Systems können auf diese Weise berücksichtigt werden.

Dieses Verfahren stellt sicher, dass die Aufbereitung von wissenschaftlicher Evidenz zur vergleichenden Nutzenbewertung von Arzneimitteln nach den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin im Hinblick auf ihre Übertragbarkeit in den deutschen Versorgungskontext überprüft wird, um eine dem hohen Versorgungsstandard der GKV entsprechende qualitätsvolle Versorgung der Patientinnen und Patienten mit Arzneimitteln zu gewährleisten.

Demgegenüber birgt der Regelungsvorstoß der Europäischen Kommission die Gefahr, dass die Versorgungssteuerung von Arzneimitteln mittelbar auf EU-Ebene verlagert wird und die hohe Qualität der Versorgung leidet.“