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Erblindung vorbeugen: Augenscreening vereinfacht Vorbefundung von Diabetikern

22.01.2016 11:40
Diabetesbedingte Augenerkrankungen (Retinopathie) sind häufig und sie führen - wenn sie unbehandelt bleiben - zu Beeinträchtigung des Sehens und im Endeffekt zur Erblindung. Greift man nicht ein, führt die Krankheit aufgrund von Einblutungen an der Netzhaut zur Erblindung. Entscheidend ist deshalb eine frühzeitige Diagnose.

Doch nicht jeder, der sollte, geht auch zum Augenarzt. Mangelnde Aufklärung und lange Wartezeiten halten viele Betroffene davon ab. Ein Screeningverfahren, das im Medical Valley Europäische Metropolregion Nürnberg (EMN) entwickelt wurde, hilft nun dabei, die Situation für Diabetes-Patienten in Mexiko zu verbessern:

Massen-Screening ohne Arzt

Voigtmanns Produkt ITOS Mass Screening (ITOS steht für Integriertes Telemedizinische- Ophthalmologisches System) ist eine einfache Gesamtlösung: Das System sieht lokale und unabhängige Screening-Stationen vor, an denen die Netzhaut untersucht wird – und das außerhalb eines fachärztlichen Umfelds. „Wir versuchen auf diese Weise Menschen anzusprechen, die nicht zum Arzt gehen. Wir wollen den Arzt damit nicht ersetzen. Wir treffen an den Stationen lediglich eine Vorauswahl. Nur Patienten, bei denen wir Auffälligkeiten feststellen, werden an einen Facharzt vermittelt“, so Voigtmann.

Das Vorbefundungs-Prozedere dauere im Schnitt nur vier Minuten: Eine Funduskamera erstellt pro Auge ein digitales Bild der Netzhaut, ein Weittropfen der Pupille ist dafür nicht notwendig. Die Software wertet jedes Bild automatisch aus und markiert Auffälligkeiten. Dabei bedient sich das System eines patentierten Algorithmus’. Die Bilder stehen Ärzten dann auf einer Datenbank zur Auswertung zur Verfügung. Pro Tag können auf diese Weise bis zu 200 Menschen gescreent werden. Zur Bedienung des Systems sind keine Fachkenntnisse nötig. Zugänglich ist es über einen herkömmlichen Touchscreen, die Benutzeroberfläche orientiert sich am App-Design von Windows 10. „Jeder, der ein Smartphone bedienen kann, wird auch mit ITOS zurechtkommen“, versichert Voigtmann.

Circa 400 Millionen Euro im Jahr sollen dank der Effizienzsteigerung in der Versorgung der diabetischen Retinopathie allein in Deutschland weniger ausgegeben werden.

Nächste Schritte

Der telemedizinische Ansatz von ITOS soll künftig ausgebaut, die Stationen über eine Cloud verbunden und somit der Wissenstransport und -dialog zur Krankheit erleichtert werden. Denkbar ist die Einrichtung eines zentralen Befundungszentrums im Medical Valley EMN, das Partner in Entwicklungsländern unterstützt. Vor seiner Einführung wird ITOS in einem Krankenhaus in Guadalajara, Hauptstadt des Bundesstaates Jalisco, im Rahmen einer klinischen Studie erprobt. Im nächsten Schritt soll ein Kostenträger für das Massen-Screening gefunden werden. Langfristig soll ITOS auch in anderen Teilen der Welt, vor allem aber in Deutschland auf den Markt gebracht werden. Der Zertifizierungsprozess als Medizinprodukt hierzulande wird zeitnah abgeschlossen sein.

Nutzen für den Mittelstand

ITOS wurde aus zwei Projekten der mittlerweile beendeten Spitzenclusterförderphase weiterentwickelt und unlängst zur Marktreife gebracht. Dass die Kooperation mit Mexiko zustande gekommen ist, sei auch der Strahlkraft und dem Wirken des Medical Valley EMN zu verdanken, betont Peter Voigtmann: „Dieser Erfolg hat viele Väter. Der Medical Valley EMN e. V. hat es uns als Mittelständler ermöglicht, nun auch international vernetzt zu sein.“

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