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Medizintechnik-Industrie fordert "Stresstest" in Brüssel

17.10.2013 13:20
Die deutsche Medizintechnik-Industrie sei "geschockt" über den Entwurf der neuen Medizinprodukte-Verordnung und "zutiefst besorgt" darüber, dass sich anscheinend viele der verantwortlichen Parlamentarier der Auswirkungen auf die mittelständischen Medizintechnik-Unternehmen nicht bewusst seien, so der Branchenverband SPECTARIS.

Der Ausschuss für Umwelt und Gesundheit des Europäischen Parlamentes beschloss jüngst den Entwurf für die neue
Medizinprodukte-Verordnung. Dabei hat der Ausschuss dem eigenen Plenum sehr viel schärfere Regeln für den Marktzugang von Medizinprodukten vorgeschlagen als die Europäische Kommission in ihrem ursprünglichen Vorschlag. Darüber entschieden werden soll nun am 22. Oktober im Plenum. Die Branche fordert einen "Stresstest" und eine Überarbeitung der Beschlüsse. Dazu lud der Branchenverband SPECTARIS die Mitglieder des Europäischen Parlaments heute zu einer Sitzung in Brüssel ein.

"Wir unterstützen Regeln, die sinnvoll sind und nachweislich die Patientensicherheit verbessern", so Martin Leonhard, Stellvertretender Vorsitzender des Fachverbands Medizintechnik beim Industrieverband SPECTARIS. Jedoch seien die vorgeschlagenen Neuregelungen alles andere als eine Verbesserung der Sicherheit. "Es scheint, als wolle man vor der Legislaturperiode im Mai 2014 die Verordnung unbedingt beschlossen haben und ist deswegen durch die Abstimmung gehetzt. Es wurden Kompromisse ausgehandelt, die keinem Praxistest standhalten würden", so Leonhard. Bei dem
Abstimmungsmarathon sei über 1.000 Änderungsanträge in einem 200-seitigen Gesetzentwurf in 60 Minuten abgestimmt worden. "Ein Bürokratiemonster, das es erst einmal zu verstehen gilt", ergänzt Leonhard.

Speziell, wenn es um hochinnovative Produkte geht, werde die Regelungswut "unüberschaubar". Mehr Gremien, viel mehr Verfahrensschritte und Verzögerungen um mehrere Jahre würden nun drohen, ohne dass die Schöpfer des komplexen Regelwerks den Nachweis erbringen könnten, dass das Ziel erreicht werde, dem Patienten mehr Sicherheit zu geben. Der Vorschlag des Parlamentes sieht vor, dass zahlreiche Medizinprodukte einer zusätzlichen Überprüfung oder einer zentralen Zulassung unterzogen werden sollen. Diese Aufgabe soll von insgesamt 21 unterschiedlichen Ausschüssen mit mehreren Hundert Experten aus allen Ländern der EU übernommen werden.

Tobias Weiler, Geschäftsführer des Branchenverbands SPECTARIS meint: "Hier wird ein neuer Zulassungsapparat geschaffen, der durch die Vielzahl der nicht aufeinander abgestimmten Änderungsanträge in sich schon keine Logik aufweist, keine zusätzliche Sicherheit bietet und die Wettbewerbsfähigkeit der mittelständisch geprägten europäischen Medizintechnikindustrie leichtfertig aufs Spiel setzt." Der Vorschlag des Parlamentes gefährde damit die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen medizintechnischen Industrie und hochqualifizierte Arbeitsplätze in einer Wachstumsbranche am Standort Deutschland.