Sie sind hier: Startseite Nachrichten Ärzte beurteilen frühe Nutzenbewertung positiv

Ärzte beurteilen frühe Nutzenbewertung positiv

08.02.2013 09:45
Zwei Jahre nach In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG) hat die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) eine im Grundsatz positive Zwischenbilanz gezogen. „Mit der im AMNOG angelegten frühen Nutzenbewertung und der am Zusatznutzen orientierten Verhandlungen des Erstattungsbetrags zwischen Spitzenverband der Krankenkassen und Pharmazeutischen Unternehmen hat der Gesetzgeber einen Paradigmenwechsel im Umgang mit neu in den Markt eingeführten Arzneimitteln eingeläutet.“ Das sagte der Vorsitzende der AkdÄ, Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig, bei einem Symposium der Arzneimittelkommission im Rahmen des 37. Interdisziplinären Forums der Bundesärztekammer in Berlin.

Ludwig hob hervor, die frühe Nutzenbewertung verbessere zudem die unabhängige Information von Ärztinnen und Ärzten über diezum Zeitpunkt der Zulassung der Wirkstoffe verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse. „Von diesen Bewertungen profitiert auch die AkdÄ, deren wesentliches Ziel es ist, die Ärzteschaft unmittelbar nach der Markteinführung über den rationalen Einsatz neuer Wirkstoffe und über deren Risiken zu informieren“, so Ludwig.

Der Gesetzgeber hat die AkdÄ bei der frühen Nutzenbewertung als stellungnahmeberechtigte Organisation benannt. Prof. Dr. Bernd Mühlbauer, AkdÄ-Vorstandsmitglied, verwies auf der Tagung darauf, dass sich die Arzneimittelkommission bisher an elf Stellungnahmeverfahren beteiligt hat. Die Stellungnahmen hätten Einfluss auf die G-BA-Beschlüsse gehabt, da diese in einigen Fällen von der Bewertung des Zusatznutzens durch das IQWIG abwichen. „Diese Abweichungen waren keinesfalls einseitig, die AkdÄ-Stellungnahmen führten sowohl zu Herauf- als auch Herabstufungen des Zusatznutzens durch den G-BA“, so Mühlbauer.

Auf die Bedeutung von Langzeitstudien mit großen Patientenzahlen zur Bewertung neuer Therapieoptionen bei der Behandlung von Diabetes verwies Prof. Dr. Ulrich Müller vom Universitätsklinikum Jena. Für den Bereich der Onkologie betonte AkdÄ-Vorsitzender Ludwig, der auch Chefarzt der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie des Helios Klinikums Berlin-Buch ist, fast ein Drittel der Neuzulassungen bei Medikamenten würden derzeit die Behandlung von Krebs betreffen. Kritisch merkte Ludwig an, dass patientenrelevante Endpunkte in den für die Zulassung relevanten klinischen Studien oftmals zu wenig berücksichtigt würden. „Die Ergebnisse entsprechen deshalb nicht immer der Versorgungsrealität.“

Auf diesen Aspekt ging auch Prof. Dr. Daniel Grandt vom Klinikum Saarbrücken ein. Für die Behandlung der chronischen Virushepatitis C seien zwei neue Arzneimittel (Proteaseinhibitoren Boceprevir und Telaprevir) der frühen Nutzenbewertung unterzogen worden. Dabei sei der dauerhaften Beendigung der Vervielfältigung des Hepatitis C Virus („sustained virological response“, SVR) kein patientenrelevanter Nutzen zugesprochen und die fehlende formale Validierung kritisiert worden. Grandt hob hervor, dass gerade der direkte patientenrelevante Nutzen der SVR erkläre, warum eine formale Validierung nicht möglich sei: „Patienten mit Hepatitis C werden nicht bereit sein, für einen formalen Validierungsprozess auf den direkten Nutzen einer Beendigung der chronischen Infektion zu verzichten. Dies unterstreicht die Notwendigkeit der Einbeziehung ärztlichen Sachverstands in die frühe Nutzenbewertung im Rahmen des Kommentierungsprozesses.“