Sie sind hier: Startseite Studien Analyse der finanziellen Auswirkungen eines prädiktiven Tests zur Unterstützung von Therapieentscheidungen bei Erstlinien-Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom in Deutschland

Analyse der finanziellen Auswirkungen eines prädiktiven Tests zur Unterstützung von Therapieentscheidungen bei Erstlinien-Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom in Deutschland

03.07.2023 09:25
Ziel: Prädiktive Tests können bei Patienten mit metastasiertem nicht-kleinzelligen Lungen-karzinom (NSCLC) den Einsatz von Therapien mit Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI) optimieren, indem sie Informationen über die Wahrscheinlichkeit eines Ansprechens auf eine ICI-Therapie bereitstellen. Es wurde eine Analyse durchgeführt, um zusätzliche Erkenntnisse über dessen Wirtschaftlichkeit für das Gesundheitssystem zu gewinnen. Material und Methodik: Die Kosten für die Behandlung von Patienten mit NSCLC ohne detektierbare Treibermutation in der Erstlinienbehandlung wurden über den Zeitraum von einem Jahr bewertet. Die Analyse ermittelt das Kosteneinsparpotenzial aus Sicht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in Deutschland unter Einsatz des prädiktiven Tests BiomeOne®. Resultate: Der Einsatz von BiomeOne® kann zu einem Einsparpotenzial für die GKV in Höhe von 154,50 Mio. € führen. Der Anteil der Kosten für die Diagnostik mit BiomeOne® ist im Verhältnis zu den Gesamt-Jahrestherapiekosten für die GKV-Versichertenpopulation so gering, dass dessen Verwendung bereits ab dem ersten damit diagnostizierten Patienten zu einer Kosteneinsparung führen könnte. Schlussfolgerungen: Der Einsatz von BiomeOne® kann aus Sicht der GKV mit erheblichen Kosteneinsparungen verbunden sein. Die Verfügbarkeit von BiomeOne® in der deutschen klinischen Praxis würde dazu beitragen, fundiertere Behandlungsentscheidungen zu treffen und eine effizientere Versorgung anbieten zu können.

1.    Einführung
Das Lungenkarzinom (ICD-10 C33-C34) ist die häufigste Krebstodesart bei Männern und die zweithäufigste bei Frauen in Deutschland (Stand: 2018) (1). Im Jahr 2019 erkrankten etwa 23.500 Frauen und 35.700 Männer an bösartigen Tumoren der Lunge (2). Bei etwa 80 % davon handelt es sich um nicht-kleinzellige Lungenkarzinome (NSCLC) (3). Damit sind im Jahr 2019 etwa 18.800 Neuerkrankungen bei Frauen und 28.500 Neuerkrankungen bei Männern auf NSCLC zurückzuführen (1). Insgesamt gehört das Lungenkarzinom zu den prognostisch ungünstigen Tumorarten (1). Gemäß Daten des Robert Koch-Institutes (RKI) von 2017 beträgt die relative 1-Jahres- bzw. 5-Jahres-Überlebensrate mit Lungenkarzinom bei Frauen ca. 50 % bzw. 22 % und bei Männern ca. 45 % bzw. 17 %, jeweils mit Variationen in Abhängigkeit vom diagnostizierten Krankheitsstadium (1). Im fortgeschrittenen Stadium (IIIB – IV) beträgt die mediane Überlebenszeit 8-18 Monate (4).
Das NSCLC ist als Erkrankung durch eine Vielzahl an möglichen Mutationen gekennzeichnet (5). Die genetischen Veränderungen werden als sogenannte Treibermutationen identifiziert und dienen im Rahmen der personalisierten Medizin zur Entwicklung von zielgerichteten Therapien (5). In den letzten Jahren hat die Integration von Immuncheckpoint- und Kinase-Inhibitoren im Zusammenhang mit prädiktiven Biomarkern die Prognose vieler Patienten deutlich verbessert (4). Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI) stellen aufgrund ihrer Jahrestherapiekosten eine nicht unerhebliche Ausgabe für die Sozialversicherungssysteme dar (6). Die Kosten, unterschiedlichen Ansprechraten und immunbedingten Nebenwirkungen der ICI-Therapie implizieren, dass das Gesundheitssystem und die Patienten davon profitieren würden, die ICI-Therapie so effizient wie klinisch sinnvoll einzusetzen (7).

Prädiktive Biomarker könnten bei der Entscheidungsfindung helfen, indem sie Informationen für das Ansprechen auf eine ICI-Therapie bereitstellen (8-13). BiomeOne® ist der weltweit erste stuhlbasierte prädiktive Test, der Informationen für das Ansprechen auf eine ICI-Therapie zur Verfügung stellt (14-21). Dieser ist nicht-invasiv, wird an einer einzigen Stuhlprobe durchgeführt und prognostiziert mittels einer Analyse des Darmmikrobiomprofils des Patienten das wahrscheinliche Ansprechen und die Verträglichkeit auf eine ICI-Therapie.

Angesichts des möglichen Potenzials des stuhlbasierten prädiktiven Tests BiomeOne®, die Belastung durch eine suboptimale ICI-Therapie zu verringern, wurde eine Kostenanalyse für den Einsatz des Tests in Deutschland durchgeführt, um zusätzliche Erkenntnisse über dessen Wirtschaftlichkeit für das Gesundheitssystem zu gewinnen.

2.    Material und Methodik
2.1.    Patientenpopulation

Patienten mit metastasiertem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (Stadien IIIB-IV) in der Erstlinienbehandlung (ohne Treibermutation, mit klinischer Indikation für eine ICI-Therapie) bilden die Zielpopulation der zugrundeliegenden Analyse. Diese Patienten kommen für eine leitliniengerechte ICI-Therapie grundsätzlich in Frage und die Behandlungsentscheidungen würden durch prädiktive Biomarker unterstützt werden.

2.2.    Intervention
Zur Berechnung möglicher Kosteneinsparungen wurde BiomeOne®, ein stuhlbasierter prädiktiver Test mit CE-Zertifizierung, der die Wahrscheinlichkeit für das Ansprechen auf eine ICI-Therapie ermittelt, in die Analyse eingeschlossen. Dieser ist nicht-invasiv, wird an einer einzigen Stuhlprobe durchgeführt und prognostiziert mittels einer Analyse des Darmmikrobiomprofils des Patienten das wahrscheinliche Ansprechen und die Verträglichkeit auf eine ICI-Therapie. Das Ansprechen auf eine ICI-Therapie wurde operationalisiert als „Vollständiges Tumoransprechen“ (engl. Complete Response, CR) und „Partielles Tumoransprechen“ (engl. Partial Response, PR). Im Folgenden werden diese Patienten als „Responder“ bezeichnet. Nicht-Ansprechen wurde operationalisiert als „Stabile Erkrankung“ (engl. Stable Disease, SD) und „Progressive Erkrankung“ (engl. Progressive Disease, PD). Im Folgenden werden diese Patienten als „Non-Responder“ bezeichnet.

2.3.    Zeithorizont und Perspektive
Die Analyse der finanziellen Auswirkungen des prädiktiven Tests wurde aus der Perspektive der deutschen gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) für den Zeitraum von einem Jahr durchgeführt.

2.4.    Annahmen zur zugrundeliegenden Analyse
Für die Erstlinienbehandlung kommen gemäß der deutschen S3-Leitlinie zum nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e.V. (DGHO) (Stand: November 2022) behandlungsnaive Patienten in Frage (22). Dabei liegt die Prävalenz einer Treibermutation beim NSCLC nach Angaben des Nationalen Netzwerks Genomische Medizin (nNGM) Lungenkrebs Deutschland bei ca. 50 % (23).

Der Szenarioanalyse liegen folgende Annahmen zugrunde. Szenario 1 entspricht der momentanen Versorgungssituation. Es erfolgt keine Testung mit BiomeOne® (Testrate = 0 %), d. h. 0 % der Patienten, die für eine ICI-Therapie geeignet wären, werden getestet und alle Patienten würden eine ICI-Therapie erhalten. In Szenario 2 werden alle Patienten mit BiomeOne® getestet (Testrate = 100 %), d. h. das Testergebnis von BiomeOne® wird wie folgt umgesetzt: Alle als Responder identifizierten Patienten würden mit einer ICI-Therapie behandelt werden und alle Non-Responder würden eine nicht ICI-basierte Therapie erhalten.

Grundlage für die Analyse sind die Therapien für die Erstlinienbehandlung, die aus den Algorithmen für die (nicht-)molekular stratifizierten Therapien in fortgeschrittenen Stadien aus der deutschen S3-Leitlinie zum nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (Stand: November 2022) hervorgehen (22).
Als nicht-molekular stratifizierte Therapien wurden gemäß Zulassung durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) als Vertreter der ICI-basierten Therapien die Wirkstoffe                           (-kombinationen) Atezolizumab Monotherapie (Jahrestherapiekosten 75.159 € pro Patienten) als kostengünstigste Therapie und Nivolumab + Ipilimumab + Cisplatin + Pemetrexed (Jahrestherapiekosten 146.912 € pro Patienten) als kostenintensivstes Therapieregime gewählt (Berechnung erhältlich auf Anfrage). Die hypothetischen durchschnittlichen Jahrestherapiekosten (50 % der Patienten erhalten die günstigste Therapie, 50 % der Patienten erhalten die teuerste Therapie) dieser ICI-basierten Therapien belaufen sich auf 111.035 € pro Patienten.

Als Vertreter der nicht ICI-basierten Therapien wurde Cisplatin + Vinorelbin (Jahrestherapiekosten 8.230 € pro Patienten) als kostengünstigstes Therapieregime und Carboplatin + Paclitaxel + Bevacizumab (Jahrestherapiekosten 91.051 € pro Patienten) als kostenintensivstes Therapie-
regime gewählt. Die hypothetischen durchschnittlichen Jahrestherapiekosten (50 % der Patienten erhalten die günstigste Therapie, 50 % der Patienten erhalten die teuerste Therapie) dieser nicht-ICI-basierten Therapien belaufen sich auf 49.641 € pro Patienten.

Nach Reck, Rodriguez-Abreu (24) beträgt der Anteil an Patienten, die tatsächlich auf eine ICI-Therapie ansprechen, 45 %, was als weitere Annahme der Analyse zugrunde liegt. Der prädiktive Test BiomeOne® (Registrierungsnummer: AT/CA01/I0019074-01) weist eine Sensitivität von 81 % und eine Spezifität von 52 % auf. Diese Werte wurden in der Validierungsstudie von BiomeOne® ermittelt und stellen die Genauigkeit des, durch die Firma BiomeOne® Diagnostics, kommerziell erhältlichen Tests in der aktuellen Version 1.0 dar (14-21).

2.5.    Kosten
Die Behandlungsdauer und der Ressourcenverbrauch der medikamentösen Therapien variieren gemäß Zulassungsstatus durch die EMA. Detaillierte Daten zum Ressourcenverbrauch lagen aus Unterlagen zur frühen Nutzenbewertung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) für Wirkstoff (-kombinationen) im vorliegenden Indikationsgebiet zu NSCLC vor (25). Die Preise wurden der Lauer-Taxe (Stand: 12.5.2023) entnommen (26). Der mit den (nicht-)molekular stratifizierten Therapien bzw. der platinbasierten Chemotherapie verbundene Ressourcenverbrauch repräsentiert den Arzneimittelverbrauch. Der hypothetische Preis des Tests BiomeOne® beträgt 1.400 € (brutto) und umfasst alle nutzungsbezogenen Kosten wie Labor, bioinformatische Berechnung, Berichterstellung, Wartung und Qualitätskontrolle. Alle Kosten wurden in Euro für das Jahr 2023 angegeben.

3.    Ergebnisse
In der momentanen Versorgungssituation (Szenario 1) erfolgt keine Testung mit BiomeOne® (Testrate = 0 %), d. h. 0 % der Patienten, die tatsächlich für eine ICI-Therapie geeignet wären, werden getestet und 100 % der Patienten, die für eine ICI-Therapie in Frage kommen, erhalten diese. Die Gesamt-Jahrestherapiekosten der günstigsten bzw. teuersten ICI-Therapie belaufen sich pro 100 Patientenjahre auf 7.515.860 € bzw. 14.691.228 €. Die hypothetischen durchschnittlichen Gesamt-Jahrestherapiekosten belaufen sich pro 100 Patientenjahre auf 11.103.544 €.
In Szenario 2 werden alle Patienten mit BiomeOne® getestet (Testrate = 100 %; Sensitivität:
81 %; Spezifität: 52 %), d. h. 100 % der Patienten, die tatsächlich für eine ICI-Therapie geeignet wären, werden getestet.

62 Patienten würden als Responder identifiziert, wovon 36 Patienten (36,45 %) Responder (richtig positiv) wären und als Folge eine ICI-Therapie erhalten würden. Bei 26 Patienten (26,40 %) würde der Test eine hohe Wahrscheinlichkeit für das Ansprechen einer ICI-Therapie vorhersagen, obwohl die Patienten eine geringe Wahrscheinlichkeit für das Ansprechen einer ICI-Therapie hätten und keine ICI-Therapie erhalten sollten (falsch positiv). Diese Patienten würden ebenfalls eine ICI-Therapie erhalten.

38 Patienten würden als Non-Responder identifiziert, wovon 29 Patienten (28,60 %) Non-Responder (richtig negativ) wären und als Folge eine nicht ICI-basierte Chemotherapie erhalten würden. Bei 9 Patienten (8,55 %) würde der Test eine geringe Wahrscheinlichkeit für das Nicht-Ansprechen einer ICI-Therapie vorhersagen, obwohl die Patienten eine hohe Wahrscheinlichkeit für das Ansprechen einer ICI-Therapie hätten und eine ICI-Therapie erhalten sollten (falsch negativ). Diese Patienten würden ebenfalls eine nicht-ICI-basierte Chemotherapie erhalten.

In Szenario 2 erhalten 62 Patienten eine ICI-Therapie und 38 Patienten eine nicht-ICI-basierte Chemotherapie. Die durchschnittlichen Gesamt-Jahrestherapiekosten der ICI-Therapie belaufen sich pro 100 Patientenjahre auf 6.884.197 €. Die durchschnittlichen Gesamt-Jahrestherapiekosten der nicht-ICI-basierten Chemotherapie belaufen sich pro 100 Patientenjahre auf 1.886.344  €. Die durchschnittlichen Gesamt-Jahrestherapiekosten pro 100 Patientenjahre belaufen sich auf
8.770.541 €.

Daraus ergibt sich gegenüber der Nicht-Testung mit BiomeOne® (Szenario 1) ein Einsparpotenzial in Höhe von 2.333.003 € pro 100 Patientenjahre (20,29 %).

Selbst mit einem hypothetischen Preis von 1.400 € (brutto) wäre der Anteil der Kosten für die Diagnostik mit BiomeOne® im Verhältnis zu den Jahrestherapiekosten so gering, so dass dessen Verwendung bereits ab dem ersten Patienten zu einer Kosteneinsparung führen könnte.
Diese Kosteneinsparungen können nun im Weiteren auf das gesamte Gesundheitssystem hypothetisiert werden. Das Zentrum für Krebsregisterdaten in Deutschland berichtet für das Jahr 2019 insgesamt 59.221 Neuerkrankungen von Lungenkarzinomen (ICD-10 C33 – C34). Bei etwa 80 % davon handelt es sich um NSCLC (3). 62 % dieser Patienten befinden sich zum Zeitpunkt der Diagnosestellung in einem fortgeschrittenen Stadium (IIIB – IV) (27), bei etwa 78 % dieser Patienten wird eine Erstlinientherapie durchgeführt (28) und bei etwa 50 % dieser Patienten ist keine behandelbare Treibermutation detektierbar (23). Eine PD-L1-Expression der Tumorzellen liegt bei etwa 68 % dieser Patienten vor (29), für die eine palliative Krebsimmuntherapie klinisch indiziert ist. Somit verbleiben etwa 7.790 Patienten, die abhängig von ihrem Allgemeinzustand eine ICI-Therapie erhalten bzw. erhalten könnten. Der Anteil der GKV-versicherten Patienten beträgt 88,04 % (30, 31). In der vorliegenden Kostenanalyse belaufen sich die jährlichen Gesamt-Jahrestherapiekosten für die GKV-Versichertenpopulation somit auf 761.481.048 € (n = 6.858) und das Einsparpotenzial für die GKV bei Verwendung von BiomeOne® auf bis zu 154.504.505 € (20,29 %) pro Jahr.

4.    Diskussion
Die Biopsie des Primärtumors mit einer anschließenden Testung des PD-L1-Status (engl. Programmed death-ligand 1) stellt den aktuellen Standard für diagnostische Verfahren zur Untermauerung einer Therapieentscheidung beim NSCLC dar. BiomeOne® hingegen ist ein nicht-invasiver Test, dessen Probenentnahme selbstständig vom Patienten zu Hause durchgeführt werden kann, was im Vergleich zu einer invasiven Biopsie das Risiko von Nebenwirkungen minimieren kann.
BiomeOne® hat in der aktuellen Version eine Sensitivität von 81 % und eine Spezifität von
52 %. Weitere Studien sind in Planung. Wie im angeführten Beispiel ersichtlich, kommt es bei einem gewissen Prozentsatz der getesteten Patienten zu falsch-positiven bzw. zu falsch-negativen Befunden. Die Konsequenz für falsch-positive befundete Patienten ist eine Behandlung mit einer ICI-Therapie, die sie momentan ohnehin bekommen würden. Diese Patienten erhalten eine ICI-Therapie, obwohl sie auch eine kostengünstigere Chemotherapie erhalten könnten. Die Konsequenz für falsch-negative befundete Patienten ist eine Behandlung mit einer nicht-ICI-basierten Therapie, obwohl diese Patienten eigentlich Responder wären. Der Anteil dieser Patienten ist mit 8,55 % relativ klein, allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass diesen Patienten eine potenziell wirkungsvollere ICI-Therapie zumindest in der Erstlinie vorenthalten wird. An dieser Stelle muss allerdings auch das Ansprechen von ICI-Therapien genauer betrachtet werden. Tatsächlich sprechen nur 45 % der Patienten, die mit ICIs behandelt werden, auf diese Therapie an. Damit bekommen derzeit
55 % der Patienten mit NSCLC in der Erstlinie eine kostenintensive Therapie, die einerseits nicht den gewünschten Therapieerfolg aufweist und andererseits das Risiko von teils schweren immunvermittelten Nebenwirkungen mit sich bringt.

In der durchgeführten Szenarioanalyse ergibt sich für die GKV ein hypothetisches Einsparpotenzial in Höhe von etwa 154,50 Mio. € (20,29 %) an Arzneimittelkosten aufgrund des Einsatzes von BiomeOne® in der klinischen Routine. Da in dieser Kostenanalyse Patienten mit einer Stable Disease (SD) als Nicht-Ansprecher definiert wurden, dies in der Literatur (32) und im deutschen Versorgungskontext allerdings eher als Ansprechen gewertet wird, liegt das Einsparpotenzial theoretisch höher als hier dargestellt. Des Weiteren beinhalten die Behandlungskosten in der Analyse lediglich die Arzneimittelkosten und dürften die tatsächlichen Kosten unterschätzen, da medizinische Kosten für Nebenwirkungen, nicht-medizinische Kosten für Krankheitstage oder Produktivitätsverluste nicht berücksichtigt wurden.

Die Ergebnisse sollten daher im Hinblick auf Kosteneinsparungen durch den Einsatz von Biome-One® als konservativ angesehen werden. Wenn Änderungen in den klinischen Leitlinien und in der klinischen Entscheidungsfindung zu einer zurückhaltenden Verschreibung einer ICI-Therapie führen, könnte der ICI-Therapie-sparende Effekt des Tests verringert werden, obwohl es immer noch von entscheidender klinischer Bedeutung sein würde, die Patienten auszuwählen, die am meisten von einer ICI-Therapie profitieren würden.

5.    Schlussfolgerungen
In der vorliegenden Analyse wurden die finanziellen Auswirkungen eines prädiktiven Tests bei Patienten mit metastasiertem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom in der Erstlinienbehandlung für Deutschland untersucht. Der Einsatz von BiomeOne® kann mit erheblichen Kosteneinsparungen für das Gesundheitssystem verbunden sein. Die Kosteneinsparungen können sich aus dem ICI-Therapie-sparenden Effekt des Tests bei Patienten ergeben, die wahrscheinlich nicht von einer ICI-Therapie profitieren würden, wodurch die Kosten für den Test bereits ab dem ersten damit diagnostizierten Patienten ausgeglichen würden.

Ärzte und Patienten würden von einem besseren Verständnis der Wahrscheinlichkeit eines Ansprechens und des fehlenden Nutzens einer ICI-Therapie bei Patienten mit niedriger Ansprechens-Wahrscheinlichkeit profitieren. Die Verfügbarkeit von BiomeOne® in der deutschen klinischen Praxis würde dazu beitragen, fundiertere Behandlungsentscheidungen zu treffen und eine (kosten-) effizientere Versorgung anbieten zu können.


Autor:
Walzer, Stefan (a,b,c)
a Duale Hochschule Baden-Württemberg, Lörrach, Deutschland
b Hochschule Ravensburg-Weingarten, Deutschland
c MArS Market Access & Pricing Strategy GmbH, Weil am Rhein, Deutschland

 

Referenzen

1.    Zentrum für Krebsregisterdaten im Robert Koch Institut (ZfKD). Krebs in Deutschland für 2017/18 2021 [Available from: https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Publikationen/Krebs_in_Deutschland/kid_2021/krebs_in_deutschland_2021.pdf.
2.    Zentrum für Krebsregisterdaten (ZfKD) im Robert Koch Institut (RKI). Lungenkrebs.
Datenbankabfrage mit Schätzung der Inzidenz, Prävalenz und des Überlebens von Krebs in Deutschland auf Basis der epidemiologischen Landeskrebsregisterdaten. 2017 [Available from: https://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Datenbankabfrage/datenbankabfrage_stufe1_node.html.
3.    Kraywinkel K, Schönfeld I. Epidemiologie des nichtkleinzelligen Lungenkarzinoms in Deutschland. Der Onkologe. 2018;24(12):946-51.
4.    Leitlinienprogramm Onkologie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF). S3-Leitlinie Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms 2018 [Available from: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/020-007OL_l_S3_Lungenkarzinom_2018-03.pdf.
5.    Lung Cancer Group Cologne (LCGC) am Centrum für Integrierte Onkologie Köln Bonn. Treibermutationen beim Lungenkrebs 2021 [Available from: https://lungcancergroup.de/molekularpathologie.
6.    Weichert W. [Molecular predictors in immune oncology]. Pathologe. 2018;39(6):546-55.
7.    Harris L, Ismaila N, McShane L. Use of biomarkers to guide decisions on adjuvant systemic therapy for women with early-stage invasive breast cancer: American Society of Clinical Oncology clinical practice guideline. J Clin Oncol. 2016;34:1134-50.
8.    Burki TK. Gut microbiome and immunotherapy response. Lancet Oncol. 2017;18(12):e717.
9.    Gopalakrishnan V, Spencer CN, Nezi L, Reuben A, Andrews MC, Karpinets TV, et al. Gut microbiome modulates response to anti-PD-1 immuno-
therapy in melanoma patients. Science. 2018;359(6371):97-103.
10.    Hakozaki T, Richard C, Elkrief A, Hosomi Y, Benlaifaoui M, Mimpen I, et al. The Gut Microbiome Associates with Immune Checkpoint Inhibition Outcomes in Patients with Advanced Non-Small Cell Lung Cancer. Cancer Immunol Res. 2020;8(10):1243-50.
11.    Peng Z, Cheng S, Kou Y, Wang Z, Jin R, Hu H, et al. The Gut Microbiome Is Associated with Clinical Response to Anti-PD-1/PD-L1 Immunotherapy in Gastrointestinal Cancer. Cancer Immunol Res. 2020;8(10):1251-61.
12.    McCulloch JA, Davar D, Rodrigues RR, Badger JH, Fang JR, Cole AM, et al. Intestinal microbiota signatures of clinical response and immune-related adverse events in melanoma patients treated with anti-PD-1. Nat Med. 2022;28(3):545-56.
13.    Routy B, Le Chatelier E, Derosa L, Duong CPM, Alou MT, Daillere R, et al. Gut microbiome influences efficacy of PD-1-based immunotherapy against epithelial tumors. Science. 2018;359(6371):91-7.
14.    Hochmair M, Absenger G, Ay L, Robinson I, Jansen C, Sladek B, et al. EP16. 01-015 Introducing“ BiomeOne” a Microbiome-based bBiomarker to Predict Immune Checkpoint Inhibitor Response in NSCLC 1patients. Journal of Thoracic Oncology. 2022;17(9):S561.
15.    Robinson I, Schmidinger M, Hochmair M, Ay L, Absenger G, Pichler M, et al. 117P BiomeOne: Multi-centric validation of a novel microbiome-based biomarker to predict response to cancer immunotherapy. Annals of Oncology. 2022;33:S592.
16.    Robinson I, Hochmair M, Ay L, Absenger G, Jansen C, Pacifico C, et al. 55P Comparison of BiomeOne and PD-L1 expression tests as a predictor for response to immune checkpoint inhibitors (ICI) in patients with non-small cell lung cancer (NSCLC). Annals of Oncology. 2022;33:S1400.
17.    Jansen C, Knabl A, Sladek B, Gasche N. Meta-analysis on the specificity of microbiome-based signatures for predicting immune checkpoint inhibitor therapy response in non-small cell lung cancer.  ÖGP Jahrestagung October 2021
18.    Hochmair M, G A, L A, I R, C J, C P, et al. Introducing “BiomeOne”, a microbiome-based biomarker to predict immune checkpoint inhibitor response in NSCLC patients.  WCLC August 2022.
19.    Robinson I, Hochmair M, Schmidinger M, Ay L, Absenger G, Pichler M, et al. BiomeOne®: multi-centric validation of a novel microbiome-based biomarker to predict response to cancer immunotherapy.  ESMO September 2022.
20.    Robinson I, Hochmair M, Jansen C, Pacífico C, Sladek B, Knabl A, et al. Prediction of immune checkpoint inhibitor response in non-small cell lung cancer patients using a microbiome-based biomarker.  ÖGP JahrestagungOctober 2022.
21.    Hochmair M, Schmidinger M, Ay L, Robinson I, Absenger G, Pichler M, et al. BiomeOne®: multi-centric validation of a novel microbiome-based test to predict response to cancer immunotherapy.  DGHO October 2022.
22.    Griesinger F, Gudrun Absenger AB, Wilfried Eberhardt, Martin, Eichhorn MF, Oliver Gautschi, Wolfgang Hilbe, Hans Hoffmann, Rudolf Maria Huber,, Klaus Kraywinkel SL, Christoph Pöttgen, Martin Reck, Niels Reinmuth, Martin, Sebastian JMS, Cornelius Waller, Jürgen Wolf, Bernhard Wörmann,  Lungenkarzinom, nicht-kleinzellig (NSCLC). 2022 Stand: November 2022.
23.    Nationales Netzwerk Genomische Medizin Lungenkrebs. Treibermutationen 2022 [Available from: https://www.nngm.de/patienten/treibermutationen/.
24.    Reck M, Rodriguez-Abreu D, Robinson AG, Hui R, Csoszi T, Fulop A, et al. Five-Year Outcomes With Pembrolizumab Versus Chemotherapy for Metastatic Non-Small-Cell Lung Cancer With PD-L1 Tumor Proportion Score >/= 50. J Clin Oncol. 2021;39(21):2339-49.
25.    Bristol-Myers Squibb GmbH & Co. KGaA. Dossier zur Nutzenbewertung gemäß
§ 35a SGB V - Nivolumab (Opdivo(R)) Modul 3 C - Lokal fortgeschrittenes oder metastasiertes nicht kleinzelliges Lungenkarzinom mit nicht plattenepithelialer Histologie nach vorheriger Chemotherapie bei Erwachsenen. Stand: 28.04.2016. 2016.
26.    Lauertaxe, CGM Lauer [Internet]. 2022 [cited 19.12.2022]. Available from: https://portal.cgmlauer.cgm.com/LF/Seiten/Verwaltung/Kundencenter/1.aspx.
27.    Pfizer Pharma GmbH. Dossier zur Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V – Lorlatinib (Lorviqua(R)) Modul 3 A – Behandlung des ALK-positiven, fortgeschrittenen NSCLC bei erwachsenen Patienten, die zuvor nicht mit einem ALK-Inhibitor behandelt wurden. Stand: 23.02.2022. 2022.
28.    Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA). Tragende Gründe zum Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL): Anlage XII – Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a SGB V Ramucirumab (neues Anwendungsgebiet: NSCLC, 1. Linie, EGFR-Mutation, Kombination mit Erlotinib). 2020.
29.    Vrankar M, Kern I, Stanic K. Prognostic value of PD-L1 expression in patients with unresectable stage III non-small cell lung cancer treated with chemoradiotherapy. Radiation Oncology. 2020;15(1):1-12.
30.    Destatis SB. Bevölkerungsstand 2022 [Available from: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Bevoelkerungsstand/Tabellen/liste-zensus-geschlecht-staatsangehoerigkeit.html#616584.
31.    Bundesgesundheitsministerium (BMG). Gesetzliche Krankenversicherung; Mitglieder, mitversicherte Angehörige und Krankenstand;
Monatswerte Januar – April 2023 [Available from: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/Statistiken/GKV/Mitglieder_Versicherte/KM1_Januar_bis_April_2023_bf.pdf.
32.    Reck M, Rodriguez-Abreu D, Robinson A, Hui R, Csoszi T, Fulop A, et al. Updated analysis of KEYNOTE-024: pembrolizumab versus platinum-based chemotherapy for advanced non-small-cell lung cancer with PD-L1 tumor proportion score of 50% or greater. Journal of Clinical Oncology. 2019;37(7):537-46.



Funding
Diese Analyse wurde von Biome Diagnostics GmbH finanziert.


Ethischer Standard
Das Manuskript enthält keine klinischen Studien oder Patientendaten.

Ausgabe 04 / 2023