EUFAMI-Studie: Familienangehörige von Schizophreniepatienten oft an der Belastungsgrenze
„Die aktuellen Studienergebnisse offenbaren nicht nur den unglaublichen Einsatz, den die Betreuer schizophrener Patienten zeigen. Sie verdeutlichen uns auch, wie belastend die Pflege für das Leben der Angehörigen ist“, erklärte Hilde Lauwers, Forschungskoordinatorin am Zentrum für Versorgungsforschung und Beratung (LUCAS) an der belgischen Universität Leuven, bei der Vorstellung der Studienergebnisse in Berlin. Angehörige kümmerten sich durchschnittlich 19 Stunden (Deutschland) bzw. 23 Stunden pro Woche (international) um ein Familienmitglied mit Schizophrenie – das entspreche einem Teilzeitjob. Im Schnitt übten sie diese Funktion bereits seit 16 Jahren aus und müssten dies sehr wahrscheinlich für den Rest ihres Lebens weiterhin tun, da die Schizophrenie-Erkrankung meist lebenslang ist und ohne viel Spielraum für Atempausen verlaufe. Da meist die eigenen Kinder betreut werden (Deutschland: 87%, international: 84%), äußerten viele Studienteilnehmer ihre Besorgnis darüber, wie es weitergehen soll, wenn sie sich selbst nicht mehr kümmern können. Hinzu kämen auch finanzielle Belastungen durch die Betreuungsaufgabe.
Der Ländervergleich zeigte, dass Angehörige in Deutschland insgesamt unzufriedener mit der professionellen Unterstützung durch Ärzte und Pflegepersonal sind, dafür aber zufriedener mit Patienten- und Angehörigen-Verbänden als die Gesamtheit der Befragten. „Das Fachpersonal im Gesundheitswesen sollte stärker dafür sensibilisiert werden, die Funktion und Leistung von Angehörigen anzuerkennen. Optimal wäre es, wenn sie die Familienmitglieder als Partner sehen und mit ihnen zusammenarbeiten würden, um langfristig bessere Ergebnisse für die Patienten zu erzielen“, betonte die deutsche EUFAMI-Repräsentantin Janine Berg-Peer. Sie wies in ihrem Fazit zum World Mental Health Day 2014 auf die Dimension des Betreuungsaufwands hin: „In der EU kümmern sich täglich schätzungsweise zehn Millionen Menschen um ihre schwer psychisch erkrankten Angehörigen. Sie sind engagiert und durch die familiäre Nähe zum Patienten in hohem Maße emotional selbst betroffen.“ Die Arbeitskraft all dieser Menschen sei ein Rettungsanker für die Gesellschaft. „Wir müssen sicherstellen, dass ihr Beitrag anerkannt wird, sie geschützt und unterstützt werden und dass ihre Stimmen gehört werden.“