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Hotlines bei Pharmafirmen gefordert

07.01.2015 17:50
Das Marktforschungsinstitut Harris Interacitve hat im November 2014 eine Studie durchgeführt, die Pharmaunternehmen dabei unterstützt, Krebspatienten und ihre Situation besser zu verstehen. Befragt wurden 100 Personen in Deutschland aus dem Harris Interactive-Online Patienten Panel, bei denen schon einmal Krebs diagnostiziert wurde, 20 Prozent befanden sich zum Zeitpunkt der Befragung noch in Behandlung. Die am häufigsten diagnostizierten Krebsarten waren Brustkrebs (27%), Hautkrebs (14%) und Prostatakrebs (9%). 60% der Patienten sind Frauen, 40% Männer, fast zwei Drittel der Patienten waren bei Erhalt der Diagnose unter 50 Jahre alt.

Trotz der Entwicklung wirksamer Medikamente bleibt die Kommunikation mit den betroffenen Patienten ein elementares Aufgabenfeld der Pharmaunternehmen, stellen die Studienautoren fest. Dieser Aufgabe kommen die Hersteller aber nicht ausreichend nach, wie die Ergebnisse der Befragung zeigen.
Die Studie ergab, dass nach Erhalt der Diagnose ein Viertel der Patienten in ein Krankenhaus überwiesen wurde, und/oder es wurden weitere Tests durchgeführt. Im zweiten oder dritten Schritt erhielt rund die Hälfte schriftliches Informationsmaterial in Form von Broschüren, und nur etwa 10 Prozent holten sich eine Zweitmeinung ein.

Internet – Quelle Nr. 1

Fast 60 Prozent der Befragten suchten Informationen über ihre Erkrankung im Internet. Ihre Fragen betrafen vor allem Behandlungsmöglichkeiten, Konsequenzen, Erfahrungen anderer oder den Umgang mit der Krankheit. Meist steigen sie über Google in das Thema ein, um dann auf offizielle Internetseiten wie beispielsweise krebshilfe.de zu kommen, so die Studienverfasser. Auch Internet-Foren werden häufig besucht, vor allem um Informationen über Erfahrungen und Behandlungen auszutauschen.

„Nach Erhalt der Diagnose suchen die allermeisten Krebspatienten Informationen zu ihrer Erkrankung“, erläutert Edith Franczok, Associate Director der Harris Interactive AG. „Pharmaunternehmen können diesem Bedürfnis auf vielfache Weise entgegen kommen. Gefragt sind insbesondere klar verständliche Informationen im Internet, aber auch Patienten-Hotlines sowie Flyer und Broschüren, die bei Ärzten, Apothekern und an öffentlichen Stellen ausliegen.“

Verständliche Beipackzettel gewünscht

Krebspatienten sind im Alltag auch nach der Therapie sehr stark eingeschränkt, nicht zuletzt durch die Nebenwirkungen der Behandlung: Sie leiden unter Erschöpfung, Antriebslosigkeit, Schlafproblemen und Übelkeit. Dadurch sind vor allem Arbeit, Sport oder Reisen betroffen, häufig kommen Haarausfall, Appetitlosigkeit und Verlust der Libido hinzu. 27 Prozent der Befragten fühlten sich nach der Therapie depressiv, sie wünschen sich in dieser Phase mehr Zeit und ausführlichere Gespräche mit dem Arzt.

Von den Krankenhäusern wird vor allem ein besserer Service bei Terminvereinbarungen erwartet. Von Pharmafirmen werden insbesondere Hotlines für Patienten gefordert sowie bessere, das heißt lesbare und verständliche, Beipackzettel zu den Medikamenten. Generell wünschen sich die Krebspatienten in dieser Phase mehr Normalität, aber auch mehr emotionale Unterstützung durch ihr Umfeld.

„Eine weiter intensivierte Aufklärungsarbeit zum Thema Krebs, insbesondere zur Vorsorge, könnte noch mehr Menschen animieren, sich regelmäßig untersuchen zu lassen“, gibt Franczok zu bedenken. „Zudem würde dadurch die Bevölkerung für das Thema weiter sensibilisiert. Außerdem benötigen Krebspatienten dringend ehrliche Informationen über mögliche Therapien. Hier sind auch Pharmaunternehmen gefordert, in den direkten Dialog zu treten.“

Häufig Entdeckung im Selbstbefund

Vorsorgeuntersuchungen werden von vielen Patienten wahrgenommen, die treibende Kraft ist dabei zumeist eigenes Interesse, gefolgt von Beschwerden oder Routineuntersuchungen. Insbesondere Brustabtast-Untersuchung (46%), Hautkrebs-Screening (42%), Mammografie (36%), Sonografie/Ultraschall (36%), Darmspiegelung (35%), PAP-Test (35%) und PSA-Test (16%), werden häufig in Anspruch genommen.
Obwohl 88 Prozent der Patienten bereits zuvor eine Krebsfrüherkennungs-Untersuchung durchführen ließen, haben 41 Prozent ihre Erkrankung zunächst im Selbstbefund bemerkt: 57 Prozent der Hautkrebspatienten und 56 Prozent der Brustkrebspatienten haben ihre Erkrankung durch eigenes Erkennen auf der Haut beziehungsweise durch eigenes Ertasten festgestellt. Am häufigsten sind die Befragten durch Werbung (14%), Verwandte und Bekannte (14%) oder das Internet (11%) auf ihre Erkrankung aufmerksam geworden, beim Arzt ausliegende Broschüren und Flyer oder Informationen über die Krankenkasse waren dagegen nur sehr selten ausschlaggebend. Über die Hälfte der Betroffenen hat sofort einen Arzttermin vereinbart und innerhalb von ein bis zwei Tagen wahrgenommen.

Nach der Diagnose: Schock-Zustand

Die meisten Befragten befinden sich nach Erhalt der Diagnose in einer Art Schock-Zustand: Sie empfinden häufig Angst, Niedergeschlagenheit und Hilflosigkeit. Nur sehr wenige fühlen sich dabei jedoch allein gelassen oder haben den Eindruck, sie erhielten vom Arzt keine Hilfe. Direkt nach der Diagnose auftauchende Fragen betreffen sehr häufig die Heilungschancen, den nächsten Schritt oder den Lösungsweg. Oft fragen sich die Betroffenen auch, warum gerade ihnen diese Krankheit zustößt, wie sie ihr Leben weiterhin organisieren sollen oder wie sie es ihrer Familie sagen. Von den Ärzten erwarten sie Offenheit und Informationen zu Therapiemöglichkeiten, ersten Schritten, Heilungsaussichten sowie zu Folgen der Erkrankung. Diese Erwartungen werden in den allermeisten Fällen erfüllt.

Ausgabe 01 / 2015