Sie sind hier: Startseite Nachrichten ALM e.V. spricht sich gegen Präventionsdiagnostik in Apotheken aus

ALM e.V. spricht sich gegen Präventionsdiagnostik in Apotheken aus

02.11.2023 16:38
Die Akkreditierten Labore in der Medizin e.V. haben die Ankündigungen des Bundesgesundheitsministers zur Einbindung von Apotheken in die Prävention wichtiger Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus und Fettstoffwechselstörungen überrascht zur Kenntnis genommen. In einem offenen Brief bewerten sie diese Initiative des Ministers als kritische Abwendung von der ärztlichen Heilkunde in dem bedeutenden Bereich der Prävention von wichtigen Erkrankungen. Qualitätsaspekte, auch aus laborfachärztlicher Sicht, sowie nicht ausreichend berücksichtigte Kostenfragen seien nicht bedacht worden.

Der ALM e.V. unterstützt ausdrücklich die öffentlichen Bewertungen seitens der Bundesärztekammer sowie aus der vertragsärztlichen Versorgung.

"Der Minister glaubt, dass der Zugang zu Präventionsleistungen über einen neuen, weiteren niedrigschwelligen Zugang für breite Teile der Bevölkerung in den Apotheken notwendig ist, um die Inanspruchnahme zu erhöhen. Medizinische Laboruntersuchungen, wie die Bestimmung von Nüchternblutzucker und Fettstoffwechselparameter sind in der Gesundheitsuntersuchungs-Richtlinie des GBA bereits klar geregelt inklusive der notwendige ärztlichen Betreuung in den vertragsärztlichen Haus- und Facharztpraxen. Die Erweiterung des Angebotes ist nicht erforderlich, denn die Früherkennung von wichtigen Stoffwechselerkrankungen gehört in die Hand der Ärzteschaft und nicht in die Apotheke!“, so der 1. Vorsitzende Dr. Michael Müller. „Zudem halten selbst Apotheker die Vorschläge des Ministers für abwegig, wie dies vom Deutschen Apothekerverband (ABDA) kürzlich geäußert wurde. Aus deren Sicht würden die Vorsorgeuntersuchungen in Apotheken auch nicht die flächendeckende Versorgung von Patientinnen und Patienten sichern können. Die haus- und fachärztlichen Praxen werden dadurch nicht entlastet, sondern eher durch vermeidbare Zusatz- und Doppeluntersuchungen aufgrund nicht qualitätsgesicherter Diagnostik in Apotheken zusätzlich belastet“, so Müller weiter.

Die Leistungserbringung für gesetzlich Versicherte hat nach geltenden Regelungen unter den Vorgaben zur Qualitätssicherung im GKV-System zu erfolgen. Hierzu gehöre insbesondere die Beachtung des Medizinprodukterechtes einschließlich der Medizinproduktebetreiberverordnung, die für laboratoriumsmedizinische Untersuchungen vor Aufnahme dieser Tätigkeit die Einrichtung eines Qualitätssicherungssystems nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik zur Aufrechterhaltung der erforderlichen Qualität, Sicherheit und Leistung bei der Anwendung von In-vitro-Diagnostika sowie zur Sicherstellung der Zuverlässigkeit der damit erzielten Ergebnisse vorsieht.

Die Bestimmung des Blutzuckers bzw. von Fettstoffwechseluntersuchungen in einer Apotheke würde vollends ungeregelt und unabhängig von den zuvor geschilderten Rahmenbedingungen erfolgen. Zudem könnten in einer Apotheke zumeist nur In-vitro-Diagnostika zur patientennahen Untersuchung (POCT) verwendet werden. Diese seien hinsichtlich ihrer analytischen Qualität im Vergleich zu den in einem medizinischen Labor verwendeten Methoden nicht als gleichrangig anzusehen. Die in den fachärztlichen medizinischen Laboren durchgeführten Verfahren unterliegen laut Verband dem strengen Reglement der Richtlinien der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen (RiliBÄK) und gewährleisten für die Versicherten somit eine bestmögliche diagnostische Versorgung mit Laboruntersuchungen.

Aus ALM-Sicht ist mit Blick auf eine bestmögliche Versorgung und insbesondere auch auf die Qualität und Sicherheit der Versorgung von einem POCT-basierten Präventionskonzept mit Einbindung von Apotheken Abstand zu nehmen. Die Haus- und Fachärztinnen und -ärzte sind in der Lage, den Bedarf an Präventionsleistungen sicherzustellen.

Kostenfaktor für das Gesundheitswesen nicht außer Acht lassen

Die Akkreditierten Labore weisen zudem auf die mit dem Konzept einer Einbindung von Apotheken in die Präventionsleistungen verbundenen vergleichsweise deutlich höheren Kosten für das Gesundheitssystem hin: Die Blutzuckerbestimmung unter POCT-Bedingungen mit eingeschränkter analytischer Qualität wird von Apotheken in der Größenordnung von einigen Euro (Recherchen haben hier Werte im Bereich von ca. 4,00 bis 5,00 Euro ergeben) privat abgerechnet. Dieselbe Untersuchung wird den Laboren unter nachgewiesenen Bedingungen einer optimalen Qualitätssicherung gemäß dem für die Versorgung von GKV-Versicherten geltenden Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) mit 0,25 Euro vergütet, ein um den Faktor von bis zu 20 niedrigerer Erstattungsbetrag. Dies beinhalte noch nicht die Kosten für im Anschluss an die Apotheken-Testung bei Auffälligkeiten notwendigen laboratoriumsmedizinischen Kontroll- und Folgeuntersuchungen sowie die in den Haus- und Facharztpraxen anfallenden Behandlungskosten.

Voucher für die Versicherten – eine Alternative für niedrigschwelligen Zugang

Als Alternative zu den Vorschlägen des Ministers, so die Akkreditierten Labore in der Medizin e.V., könnten die Versicherten auch mit Vouchers ausgestattet werden, die sie bei einer Blutentnahme in einem fachärztlichen Labor einlösen. Nur ärztlicherseits kann die Diagnose zuverlässig und sicher gestellt werden und sollte daher in den vertragsärztlichen Haus- und Facharztpraxen erfolgen.