Sie sind hier: Startseite Nachrichten Apothekerverein setzt sich für politischen Dialog ein

Apothekerverein setzt sich für politischen Dialog ein

26.01.2024 08:40
Apothekerinnen und Apotheker des Marketingvereins Deutscher Apotheker e. V. (MVDA) fordern eine konsequente Stärkung der Vor-Ort-Apotheken und intensivieren weiter den Dialog mit Vertreterinnen und Vertretern der Politik. Anlass dafür sind die neusten Vorhaben, die Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach Ende des vergangenen Jahres veröffentlicht hatte.

In einem offenen Brief wandte sich der Arbeitskreis Gesundheitspolitik des MVDA an lokale sowie auf Bundesebene wirkende Politikerinnen und Politiker. Ziel sei, gemeinsam in einen konstruktiven Dialog zum Erhalt der flächendeckenden Arzneimittelversorgung zu treten.

„Die Situation in Deutschland verschärft sich täglich“, mahnt Dirk Vongehr, Inhaber einer LINDA Apotheke in Köln und Vize-Präsident des MVDA. „Seit dem Jahr 2010 verzeichnen wir in Deutschland einen Rückgang der Vor-Ort-Apotheken von etwa 18 Prozent. Das mag sich in der Stadt nicht gleich erkennbar machen, aber auf dem Land wird es vor allem für ältere Menschen immer schwieriger, unkompliziert an Arzneimittel zu gelangen.“ Lauterbachs Ideen würden die Situation nicht bessern, sondern eher ins Gegenteil wirken, so Vongehr weiter. Der Aufbau von sogenannten Light-Apotheken sieht er als Neeinträchtigung der Versorgungsqualität.

Die Eckpunkte des offenen Briefes stützen die Forderungen, die auch die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) stellt. Neben der Sicherung der Arzneimittelversorgung steht die Problematik um den immer stärker werdenden Fachkräftemangel zur Diskussion. „Viele studierte Apothekerinnen und Apotheker wandern in die Industrie ab und auch PTAs sowie PKAs sind immer schwieriger zu finden“, betont Vongehr. Das habe zur Folge, dass es keinen Nachwuchs mehr gibt und auch nahezu keine neuen Apotheken mehr gegründet werden. „Gründe dafür sind unter anderem die große Perspektivlosigkeit und ein zu hohes Haftungsrisiko bei zu geringer Vergütung“, erklärt der Apotheker.

Seit 20 Jahren wurde das Apothekenhonorar nicht an Inflation und steigende Kosten angepasst. Hinzukommt, dass die Apotheken den Krankenkassen einen Abschlag auf verschreibungspflichtige Medikamente einräumen müssen. Unter solchen Bedingungen überlegen es sich Approbierte zweimal, ob sie in die Selbstständigkeit gehen. Das hat zur Folge, dass Apotheken schließen müssen und keine neuen auf den Markt kommen.

Immer weniger Apotheken: Deutschland im EU-Vergleich im unteren Drittel

Voraussichtlich werden im Jahr 2030 rund 1,2 Millionen Menschen in Postleitzahlgebieten ohne eine einzige Apotheke leben*. Schon heute liegt Deutschland mit 22 Apotheken pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern unter dem Europäischen Durchschnitt (32).

„Das wollen und können wir so nicht mehr hinnehmen“, betont Daniela Kolb, LINDA Apothekerin aus Maintal und Vorsitzende des Arbeitskreises Gesundheitspolitik des MVDA. „Wir fordern mehr Vertrauen in unsere Arbeit und ernstgemeinte, konstruktive Gesprächsbereitschaft.“

Rund 160.000 Mitarbeitende in den Vor-Ort-Apotheken können ihrer täglichen Arbeit immer schwieriger nachgehen und das merken auch die Patientinnen und Patienten, führt Kolb weiter aus. „Vor allem, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Apotheken gerecht und ausreichend zu bezahlen, ist eine Honoraranpassung unabdingbar. Hinzukommen Herausforderungen wie das E-Rezept, überbordende Bürokratie oder Personalknappheit – es gibt viele Themen, die hier mit reinspielen und zu denen wir Gesprächsbereitschaft fordern.“

 

*Dr. Julius Lagodny, Data Analyst, für EL PATO Medien GmbH, 12/2023.