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Behandlungsfehler verharren auf hohem Niveau

04.03.2024 14:18
Die Zahl der Behandlungsfehler verharrt laut einer Auswertung der Techniker Krankenkasse (TK) auf hohem Niveau. 6509 Versicherte haben sich im vergangenen Jahr an die Kasse gewandt, weil sie bei sich einen Behandlungsfehler vermuteten, teilte die TK mit. 2022 waren es 5979 Versicherte. TK-Vorstandsvorsitzender Dr. Jens Baas: „Erfahrungsgemäß verdichten sich in etwa jedem dritten Fall die Hinweise auf einen manifesten Behandlungsfehler so sehr, dass wir eine intensive Überprüfung in die Wege leiten.“

Gleichzeitig zeigten Studien eine erhebliche Dunkelziffer, weil viele Betroffene beispielsweise Fehler nicht erkennen oder ihre Krankenkasse nicht zu Rate ziehen.

Die Bandbreite der geschilderten Fälle ist sehr groß. Sie reicht von der Verabreichung des falschen Medikaments über im Bauchraum zurückgelassene Tupfer oder Operationsbesteck bis zur Operation am falschen Arm oder Bein. Mit 33 Prozent der Fälle ist die Chirurgie die Fachrichtung, bei der die Versicherten die meisten Fehler meldeten. Mit Abstand folgt die Zahnmedizin/Kieferorthopädie (17 Prozent). Auf diese beiden Fachrichtungen entfällt also jeder zweite gemeldete Behandlungsfehler. Es folgen Allgemeinmedizin und Geburtshilfe (jeweils 8 Prozent) sowie Orthopädie und Pflegefehler (jeweils 6 Prozent). Auf die Augenheilkunde entfallen 4 Prozent der Fehlermeldungen. Die sonstigen Facharztgruppen kommen auf insgesamt 18 Prozent.

Krankenhausreform: TK setzt auf mehr Qualität und Spezialisierung

Fehler könnten leider nie ganz ausgeschlossen werden, solange Menschen am Werk sind, sagte Baas. Das betreffe die Pflege genauso wie die ambulante und stationäre Medizin. Dennoch müssten Fehlerquellen so weit wie möglich ausgeschlossen werden. Durch die geplante Krankenhausreform erhofft sich Baas eine stärkere Spezialisierung der Kliniken, geringere finanzielle Anreize für möglichst viele Eingriffe und damit mittelbar auch einen Rückgang der Behandlungsfehler. TK-Chef Baas: „Die Reform soll die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlasten, die Qualität durch eine bessere Arbeitsteilung zwischen den Kliniken verbessern. Eine gelungene Reform könnte einen Beitrag dazu leisten, dass die Behandlungsfehler im stationären Bereich in den kommenden Jahren zurückgehen.“

Datenschutz behindert teilweise bessere Aufklärung

Baas kritisiert zudem die strengen Datenschutzauflagen, die teilweise einer besseren Aufklärung über das Thema im Wege stehen. Die Versicherten wünschten sich eine aktive Unterstützung bei Behandlungsfehlern. Baas: „Theoretisch könnten Krankenkassen anhand von Datenanalysen zahlreiche Behandlungsfehler erkennen und ihre Kunden darüber informieren. Derzeit dürfen wir aber, selbst wenn wir klare Anhaltspunkte für einen Behandlungsfehler haben, die Betroffenen nicht kontaktieren und sie darauf hinweisen. Der Datenschutz steht uns hier leider im Weg. Deswegen ist es umso wichtiger, dass Versicherte Gebrauch von den Hilfsangeboten ihrer Krankenkasse machen.“

Kassen können kostenlose Gutachten beauftragen

Die Kassen können den Vorfall beispielweise durch ein Gutachten des Medizinischen Diensts (MD) prüfen lassen. Die Gutachten können Versicherte später auch für juristische Auseinandersetzungen nutzen. Soltau: „Der große Vorteil für die Versicherten ist, dass sie für sie kostenlos sind.“ Wird der Behandlungsfehler bestätigt, wird die Kasse in der Regel ihre Ansprüche geltend machen. „Je nach Verlauf des Verfahrens können die Versicherten dann selbst überlegen, ob sie den Klageweg bestreiten und ihren Teil des Schadens einfordern. Die Erfolgsaussichten sind dadurch besser abzuschätzen.“