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Bundesregierung plant drastische Kürzungen bei der finanziellen Versorgung traumatisierter Geflüchteter in Deutschland

10.08.2023 10:01
Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP) kritisiert die Ankündigung der Bundesregierung, die Bundesmittel für die Unterstützung von Geflüchteten 2024 um 60 Prozent kürzen zu wollen. Schon jetzt würden nur knapp über 4 Prozent der behandlungsbedürftigen Menschen in Psychosozialen Zentren (PSZ) versorgt und sie warteten oft länger als sieben Monate auf einen Therapieplatz, wie aus dem Versorgungsbericht der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAFF) hervorgehe.

Im Koalitionsvertrag sei die Verstetigung der psychosozialen Versorgung psychisch belasteter Geflüchteter festgeschrieben, ebenso wie ein gesetzlicher Anspruch auf Sprachmittlung im Kontext von Behandlungen. Vulnerable Gruppen sollen besser identifiziert und unterstützt werden. Der BDP begrüßt dies ausdrücklich. Bundeseinheitliche Konzepte zur Verbesserung der bedarfsgerechten Versorgung traumatisierter und schutzbedürftiger Geflüchteter existieren – doch es fehle bisher an der Umsetzung.

Die geplanten Kürzungen hätten nun vielmehr verheerende Folgen für die Geflüchteten. Die 47 Psychosozialen Zentren in Deutschland arbeiteten schon jetzt am Limit. Nur noch 7 Millionen Euro Bundesmittelförderung sollen in Zukunft zur Verfügung stehen. Damit würden viele schwer traumatisierte Geflüchtete den einzigen Zugang zur überlebenswichtigen psychosozialen Hilfe und Unterstützung verlieren. Wenn sich unversorgte Traumata verstetigten, hat dies nicht nur Folgen für die Gesundheit und auf die Integrationschancen der Betroffenen selbst, sondern auch für die Gesellschaft, in der sie leben.

Laut UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) wird die Zahl der Geflüchteten weltweit in Zukunft weiter steigen, besonders auch derer mit schweren psychischen Belastungen. In Deutschland deckt schon jetzt die klinische und ambulante psychiatrisch-psychotherapeutische Regelversorgung in keiner Weise den Bedarf. Studien kommen zu dem Ergebnis, dass nur etwa 5 % der psychisch belasteten Geflüchteten in der Regelversorgung erkannt und diagnostiziert werden.

Eine drastische Verschlechterung der Situation könne nicht Ziel der Bundesregierung sein. Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) fordert deshalb ausdrücklich die Umsetzung des Koalitionsvertrags. Sprachmittlung sowie die Einführung von Gesundheitskarten oder der Zugang zur gesetzlichen Gesundheitsversorgung für Geflüchtete unabhängig von ihrem Asylstatus müssten endlich beschlossen und umgesetzt werden, ebenso die systematische Früherkennung von vulnerablen Geflüchteten. Dabei wäre für den BDP auch die Einbindung kompetenter Berufsgruppen und Einbeziehung psychologischer und psychotherapeutischer Expertise im psychosozialen Bereich mehr als wünschenswert.

Es sei Aufgabe des Staates, Menschen, die vor Krieg und anderen Bedrohungen flüchten, nicht nur Asyl, sondern auch eine psychologische Versorgung zu gewährleisten, die es ihnen ermögliche, eine Perspektive für die Zukunft zu entwickeln. Und erfolgreiche Integrationsbiographien sparten am Ende nicht nur viel Geld, sondern stärkten langfristig auch den Zusammenhalt innerhalb der Bevölkerung.