Sie sind hier: Startseite Nachrichten DOG: Neuer AOP-Vertrag gefährdet Patientensicherheit

DOG: Neuer AOP-Vertrag gefährdet Patientensicherheit

28.08.2023 13:26
Über 75 Prozent der Augen-Operationen erfolgen heute schon ambulant. Seit Anfang 2023 gilt jedoch ein neuer Vertrag für ambulant durchzuführende Eingriffe im Krankenhaus (AOP-Vertrag), der weitere Operationen in den ambulanten Sektor verlagert. Die DOG-Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft e.V. warnt, dass eine weitere Ambulantisierung in der Augenheilkunde zu Lasten der Patientinnen und Patienten gehen kann. Denn gerade ältere Patientinnen und Patienten mit Komorbiditäten wie Demenz, internistischen oder psychischen Erkrankungen benötigen nach einem Eingriff eine sichere, stationäre Nachsorge. Daher fordert die DOG eine Anpassung des AOP-Vertrages und die Aufnahme bestimmter Kontextfaktoren, bei deren Vorliegen auch künftig Eingriffe stationär erbracht werden dürfen.

Dazu hat die Fachgesellschaft gemeinsam mit dem Berufsverband der Augenärzte Deutschlands e.V. (BVA) und dem BDOC Bundesverband Deutscher Ophthalmochirurgen e.V. Vorschläge erarbeitet. Außerdem regt die DOG an, ambulante Operationen anhand des realen Versorgungsaufwands zu vergüten, um drohende Versorgungslücken – beispielsweise bei Schieloperationen bei Kindern - zu verhindern.

Operationen zur Korrektur eines Grauen Stars – die mit Abstand häufigsten operativen Eingriffe in Deutschland – werden zu etwa 85 Prozent ambulant erbracht, bei den übrigen ophthalmochirurgischen Operationen liegt der Anteil mit mehr als 75 Prozent ebenfalls auf einem sehr hohen Niveau. „Die Ambulantisierung ist in vielen medizinischen Fächern noch ein großes Ziel, in der Augenheilkunde ist sie heute bereits Realität – vor allem dank großer Fortschritte in der minimal-invasiven Ophthalmochirurgie“, sagt Professor Dr. med. Claus Cursiefen, Generalsekretär der DOG.

Bislang konnten Augenärztinnen und Augenärzte sich bei Vorliegen bestimmter Kontextfaktoren dazu entscheiden, Patientinnen und Patienten stationär aufzunehmen, obwohl die geplanten Operationen gemäß AOP-Vertrag eigentlich ambulant durchzuführen waren. Diese Notwendigkeit besteht aus Sicht des Experten etwa, wenn die Betroffenen an einer funktionellen Einäugigkeit, einer Demenz, schwerwiegenden internistischen oder psychischen Begleiterkrankungen oder auch komplexen Augenerkrankungen leiden. „Diese Patientinnen und Patienten können sich nach einer Operation oft nicht selbständig versorgen“, beschreibt der Direktor des Zentrums für Augenheilkunde der Uniklinik Köln die Problematik. Die Zahl derjenigen, auf die dies zutreffe, nehme in einer alternden Gesellschaft zu, genau wie der Anteil multimorbider oder alleinlebender Patientinnen und Patienten.

Kontextfaktoren müssen Lebenswirklichkeit abbilden

Im aktuell geltenden AOP-Vertrag sind Kontextfaktoren, welche die stationäre Durchführung eines als generell ambulant definierten Eingriffes ermöglichen, allerdings nur für einige wenige Krankheiten definiert und so eng gefasst, dass sie nur auf eine sehr kleine Anzahl an Patientinnen und Patienten zutreffen. Zudem gelten sie nur bis Ende des Jahres als Übergangsregelung. „Diese Regelung geht gänzlich an der Realität vorbei, denn auch nach Ende Dezember 2023 wird es Patientinnen und Patienten mit Komorbiditäten geben, die eine stationäre Behandlung benötigen. Die aktuelle Regelung gefährdet eine hochwertige Versorgungsqualität und die Patientensicherheit“, sagt Cursiefen. Die DOG hat deshalb nun gemeinsam mit dem BVA und dem BDOC Faktoren definiert, bei deren Vorliegen aus fachlicher Sicht eine stationäre Behandlung auch langfristig möglich bleiben muss. „Die DOG steht der Ambulantisierung grundsätzlich sehr offen gegenüber – wenn dies die Gesundheit der Patientinnen und Patienten nicht gefährdet“, betont auch der Mediensprecher der DOG Professor Dr. med. Horst Helbig.

Schiel-OPs bei Kindern: unzureichende Vergütung schafft Versorgungslücken

„Eingriffe, die ambulant durchgeführt werden können, müssen allerdings adäquat vergütet werden“, sagt Helbig, der auch Direktor der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Regensburg ist. Derzeit sei es beispielsweise nicht möglich, Schiel-OPs, die vor allem bei Kindern durchgeführt werden, kostendeckend ambulant zu erbringen. Augenärzte oder Kliniken, welche diese OPs ambulant durchführen, blieben auf den Mehrkosten sitzen. In der Konsequenz führe dies dazu, dass die Eingriffszahlen reduziert werden und noch längere Wartezeiten für die Patientinnen und Patienten entstehen. „Hier droht eine Versorgungslücke, die sich nur durch eine Anpassung der Vergütung für ambulante Operationen an den realen Versorgungsaufwand verhindern ließe“, so Helbig.

„Damit auch zukünftig eine optimale Versorgungsqualität erbracht werden kann, appellieren wir an die Vertragsparteien, den GKV-Spitzenverband, die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), entsprechende Anpassung des AOP-Vertrages vorzunehmen“, so Cursiefen abschließend.