EU-Parlament nimmt Position zum EU-Pharmapaket an
„Mit Blick auf den Unterlagenschutz hat das Parlament zumindest erkannt, wie wichtig ein attraktives und verlässliches Anreizsystem im Markt ist. Der Unterlagenschutz wurde nochmals von sechs auf 7,5 Jahre erhöht – und kann unter bestimmten Voraussetzungen maximal um ein Jahr verlängert werden", erklärt Joachimsen. Beispielsweise bei der Durchführung vergleichender klinischer Studien, der Erfüllung eines „ungedeckten medizinischen Bedarfs“ oder der Forschung am Standort Europa. Doch genau hier gebe es Potenzial: "Sinnvoll wäre es, diese Begrenzung aufzuheben und Unternehmen so zu fördern, dass sie mehr als 8,5 Jahre Unterlagenschutz erhalten, wenn sie alle vorgenannten Voraussetzungen erfüllen“, betont Joachimsen.
Auch bei der Entwicklung von Therapien für seltene Erkrankungen habe das Parlament leider die Chance verpasst, bessere Rahmenbedingungen zu schaffen. Noch immer gibt es weitreichende Einschnitte, die dem ursprünglichen Ziel des EU-Pharmapakets entgegenwirkten, künftig mehr seltene Erkrankungen behandeln zu können. Hierzu zählten das Absenken der Marktexklusivität von derzeit zehn auf neun Jahre. Und indem das Parlament an der ″Global Marketing Authorisation″ (GOMA) festhalte, werde der Forschungsanreiz auf Marktexklusivität auf nur zwei zusätzliche Indikationen begrenzt, sagt Joachimsen.
„Positiv bewerte ich den Vorschlag des Europäischen Parlaments, den Unterlagenschutz von der Vermarktung in allen EU-Mitgliedstaaten zu entkoppeln. Sie berücksichtigt, dass die Markteinführung neuer Therapien nicht allein von den Zulassungsinhabern abhängt, sondern auch von den jeweiligen Bedingungen in den Mitgliedstaaten“, so der BPI-Hauptgeschäftsführer.
Nachhaltige Arzneimittelproduktion ist mit logistischen Hürden für Hersteller verbunden
Auch bei der Umweltverträglichkeitsprüfung bestehe Nachbesserungsbedarf: „Das Environmental Risk Assessment (ERA) muss dem Parlament zufolge den gesamten Produktlebenszyklus eines Arzneimittels abbilden. Es ist fraglich, ob insbesondere die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen diesen bürokratischen Mehraufwand für jedes einzelne Arzneimittel überhaupt leisten können“, sagt Joachimsen.
Realitätsferne EU-Regeln im Kampf gegen Lieferengpässe
Im Kampf gegen Lieferengpässe bestehe ebenfalls dringender Änderungsbedarf: „Bedauerlicherweise ist das Parlament nicht vom Vorschlag der EU-Kommission abgewichen. Die Meldefristen bei Lieferengpässe bleiben unrealistisch", so Joachimsen. Zudem müssetn Hersteller grundsätzlich für alle Arzneimittel ihrer Produktpalette einen ″Shortage Prevention Plan″ anfertigen. All diese Regeln seien nicht zweckdienlich, sondern überfrachteten die Unternehmen mit noch mehr Bürokratie.
„Insgesamt gibt es beim EU-Pharmapaket noch viel Raum für Verbesserungen. Der Ball liegt jetzt bei den EU-Mitgliedstaaten. Deutschland hat bereits mit seiner Nationalen Pharmastrategie einen ersten guten Vorstoß geleistet. Die guten Ansätze müssen nun auch auf europäischer Ebene durchdringen. Der Pharmastandort und die Menschen in Europa werden es uns danken!“, betont Joachimsen.