Gesundheitsökonomische Analyse der Versorgung von Menschen mit seltenen Erkrankungen in europäischen Ländern
Für 23 seltene Krankheiten in fünf therapeutischen Bereichen bewertet dieser Bericht die jeweilige finanzielle Belastung in Deutschland, Frankreich und Italien. Dabei wurden direkte, indirekte und durch Sterblichkeit bedingte Kosten berücksichtigt und mit chronischen Volkskrankheiten verglichen. Mithilfe von Szenarioanalysen vergleicht der Bericht die Belastung, wenn eine Behandlung verfügbar ist mit den Kosten, die angefallen wären, wenn es für diese Krankheiten keine wirksamen Behandlungsmöglichkeiten gäbe.
Die Daten zeigen, wie die Verfügbarkeit von Behandlungsoptionen einen positiven Mehrwert schafft und finanzielle Belastungen für Familien und das Gesundheitssystem reduziert. Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung der Verbesserung des Zugangs zu geeigneten Therapeutika. Dies liefert überzeugende Argumente für die Anwendung von Grundsätzen der Gesundheitsgerechtigkeit: wenn Innovation und Zusammenarbeit in Europa gefördert werden, können Kostenbelastungen und die erheblichen Herausforderungen, mit denen Patient*innen mit seltenen Krankheiten, sowie Pflegende und ihre Familien konfrontiert sind, gemindert werden.
Wir sprechen uns dafür aus, das Thema weiter zu untersuchen und hoffen, dass die nächste Europäische Partnerschaft für Seltene Krankheiten, finanziert von der EU und ihren Mitgliedstaaten, sich weiter auf die akute Forschungslücke und Behandlungsoptionen und ihre Auswirkungen konzentrieren wird.
Wichtige Erkenntnisse aus diesem Bericht sind:
- Beträchtliche finanzielle Belastung für Familien von Patient*innen mit seltenen Krankheiten: Der Bericht zeigt, dass seltene Krankheiten eine durchschnittliche finanzielle Mehrbelastung von insgesamt 107.000 € pro Patient*in und Jahr verursachen. Das ist etwa 13-mal höher als die durchschnittliche Belastung bei häufigeren chronischen Erkrankungen, welche bei 7.000 € pro Patient*in und Jahr liegt[1]. Darüber hinaus ergab die Untersuchung, dass indirekte Kosten (z. B. Belastung der Pflegenden, Umbauten der Wohnung und Kosten für sekundäre Behandlungen) durchschnittlich 29 % der Gesamtbelastung durch seltene Krankheiten ausmachen, wenn eine Behandlung verfügbar ist. Wenn keine Behandlung verfügbar ist, steigen sie sogar auf durchschnittlich 45 %. Diese indirekten Kosten werden größtenteils von den Familien selbst getragen.
- Die Verfügbarkeit von Behandlungsmöglichkeiten schafft einen Mehrwert und mildert finanzielle Belastungen für Familien und das Gesundheitssystem. Der Bericht stellt fest, dass die finanziellen Belastungen pro Patient*in und Jahr für die 23 untersuchten seltenen Krankheiten um 28 % steigen würden, wenn es keine geeignete Behandlungsoption gäbe.
Referenzen
1) https://meersens.com/chronic-diseases-who-will-pay-the-bill/?lang=en#BLOC2
2) European Commission. Rare diseases. https://health.ec.europa.eu/non-communicable-diseases/expert-group-public-health/rare-diseases_en (Zugriff 4. Oktober 2023).
3) Global Genes: Rare disease facts. Verfügbar unter: https://globalgenes.org/rare-disease-facts/