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ABDA fordert Antworten von Lauterbach

06.09.2023 13:23
Auf hunderttausenden handschriftlich ausgefüllten Postkarten erklären Kundinnen und Kunden von Apotheken, warum ihnen ihre Apotheke vor Ort so wichtig ist und warum sie sie keinesfalls missen möchten. Mit dieser Rückendeckung der Bevölkerung stellt die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände dem Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nun sechs Fragen zur Zukunft und Sicherung der Arzneimittelversorgung in Deutschland, die er dem Berufsstand am 27. September zur Eröffnung des Deutschen Apothekertages in Düsseldorf beantworten soll.

Die Landesapothekerverbände werden den Apotheken empfehlen, ihre Türen am 27. September zwischen 13 und 16 Uhr zu schließen, um die Rede des Ministers am „Tag der Antworten“ live per Videokonferenz zu verfolgen. Die Notdienstapotheken erhalten die Versorgung während der Protestaktion aufrecht.

„Ich bin gerührt und begeistert von den vielen, sehr persönlichen Worten von Kindern, Frauen und Männern, die ihre ganz eigene Sicht auf die Apotheke vor Ort auf die Postkarten geschrieben haben. Die Aussagen machen deutlich, dass die Bevölkerung auf uns nicht verzichten kann und will“, sagt ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening anlässlich einer Pressekonferenz in Berlin: „Leider weigert sich die Bundesregierung immer noch, das flächendeckende Netz unserer niedrigschwelligen Versorgung zu stabilisieren. Mit der Stimme der Patientinnen und Patienten im Rücken müssen wir die Zukunft der Apotheken also weiterhin einfordern. Zum Deutschen Apothekertag wollen wir dem Minister signalisieren, wie groß die Geschlossenheit der Kollegenschaft und wie groß der Handlungsbedarf ist. Deswegen stellen wir Karl Lauterbach heute sechs Fragen, die er am 27. September – dem „Tag der Antworten“ – beantworten soll. Von Lieferengpässen über Gesundheitsdaten bis Apothekenhonorar – eine verantwortungsvolle Politik muss diese Herausforderungen annehmen, damit die ambulante Versorgung im Land nicht zusammenbricht.“

Apotheken tragen zum sozialen Frieden bei

"Die Menschen brauchen die Apotheken vor Ort", zeigt sich die ABDA-Präsidentin überzeugt. "Gerade jetzt, inmitten einer Lieferengpass-Krise, wie es sie vorher noch nie gegeben hat, sind wir für die Menschen notwendige und verbindliche Ansprechpartner vor Ort, die mit unbedingtem Lösungswillen die Versorgung irgendwie aufrechtzuerhalten versuchen – ohne die Apotheken hätten wir angesichts der zunehmenden Lieferengpässe schon längst chaotische Zustände." Sie machte deutlich, dass sie ungern in der Haut eines Bundesgesundheitsministers und einer Regierung stecken wolle, wenn die Menschen vor Ort nicht mehr ihr benötigtes Medikament einfach nicht mehr bekämen. Overwiening weiter: "Lassen Sie es mich noch deutlicher formulieren: Die Apotheken tragen immens dazu bei, den sozialen Frieden in unserem Land zu sichern."


Appendix:
Hier die Fragen der Apothekerschaft an den Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach, die am 27. September beim Deutschen Apothekertag beantwortet werden sollen:


1) Die Apotheken sind länger als ein ganzes Jahrzehnt von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt. Während die GKV-Einnahmen, das BIP und die Löhne um ein Vielfaches gestiegen sind, hat sich das Apothekenhonorar kaum verändert. Das Apothekenhonorar macht nach wie vor nur einen winzigen Bruchteil, nämlich 2 Prozent, an den Gesamtausgaben der Kassen aus. Daraus ergibt sich unsere erste Frage an die Bundesregierung:

Warum weigern Sie sich, die Honorierung der Apotheken nach mittlerweile elf Jahren Stillstand an die wirtschaftliche Gesamtentwicklung anzupassen, obwohl sich die Regierungsparteien in ihrem Koalitionsvertrag die Stärkung der Apotheken vor Ort zum Ziel gesetzt haben?

2) Alleine der Verbraucherpreisindex ist seit unserer letzten Honorar-Anpassung im Jahr 2013 um rund 38 Prozent gestiegen. Das entspräche einem Plus beim Fixhonorar von 3 Euro pro Packung.

Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass in Zukunft wichtige wirtschaftliche Faktoren, wie etwa die Inflation oder der Verbraucherpreisindex, in der Höhe des Apothekenhonorars regelmäßig berücksichtigt werden?

3) Gemeinsam mit den Ärztinnen und Ärzten haben die Apotheken in Sachsen und Thüringen in den letzten Jahren eindrucksvoll gezeigt, dass multimorbide Patienten von einem strukturierten Medikationsmanagement direkt profitieren.

Wie und wann wird die Bundesregierung die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass Versicherte Anspruch auf ein interprofessionelles Medikationsmanagement, wie im Modellprojekt ARMIN demonstriert, bekommen?

4) Die Apothekenzahl befindet sich im Sinkflug.

Wie will die Bundesregierung die Apotheken vor Ort dabei unterstützen, die flächendeckende Arzneimittelversorgung auch in ländlichen Regionen in Zukunft sicherzustellen?

5) Die Apotheken arbeiten schon seit Jahren hochdigitalisiert. In den kommenden Jahren sollen aber auch die Patientinnen und Patienten immer mehr digitale Anwendungen, wie beispielsweise das E-Rezept und die E-Patientenakte, bekommen. Leider sind hier auch ausgesprochen unerfreuliche Entwicklungen zu erkennen. Wir fragen uns:

Wie will die Bundesregierung den Schutz des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen den Heilberufen einerseits und den Patientinnen und Patienten andererseits gewährleisten, wenn die Krankenkassen, wie im Entwurf des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes vorgesehen, die Daten ihrer Versicherten patientenbezogen auswerten und diesen Hinweise zu Gesundheitsrisiken geben dürfen?

6) Wie schon erwähnt, blicken nicht nur die Apothekenteams, sondern auch die pharmazeutischen Großhändler mit Sorge auf eine Erkältungssaison voller Lieferengpässe.Die Bemühungen im ALBVVG reichen nicht aus, um Lieferengpässe nachhaltig zu bekämpfen. Das Kernproblem bleibt, dass die Preise gerade im Generikabereich viel zu niedrig sind, um die Herstellung wieder nach Europa zurückzuholen.

Warum ist die Bundesregierung nicht bereit, die einseitige Wirtschaftlichkeitsorientierung in der Arzneimittelversorgung (etwa im Rabattvertragsbereich) zurückzudrehen, um die Liefersituation endlich zu
verbessern?