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Virtueller Lungenzwilling soll mittels KI Vorhersage von Therapieerfolgen ermöglichen

28.11.2023 10:23
Es klingt nach Science-Fiction auf der Intensivstation: Das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) beteiligt sich an einem Forschungsprojekt zur Entwicklung personalisierter, KI-gesteuerter virtueller Lungenmodelle, mit deren Hilfe Therapieoptionen vorab überprüft werden können. Das Projekt „Personalisierte digitale Lungenzwillinge zur Behandlung von akutem Lungenversagen (UBIC)“ wird in enger Kooperation mit der Firma Ebenbuild GmbH sowie der Universitätsmedizin Mannheim, dem Uniklinikum Aachen, dem Universitätsklinikum Augsburg und dem Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden durchgeführt und erhält eine Förderung von bis zu 1,8 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).

Für das Projekt entwickelt die Ebenbuild GmbH auf der Grundlage von komplexen patientenspezifischen Daten aus den fünf beteiligten Zentren digitale Lungensimulationsmodelle, die wie ein virtuelles Abbild der Lunge der jeweiligen Patientin oder des Patienten verwendet werden können. „Diese sogenannten Lungenzwillinge sollen uns zukünftig dabei helfen, mithilfe Künstlicher Intelligenz verschiedene Behandlungsoptionen unter realen Bedingungen zu testen und in ihrer individuellen Wirkung mit allen Vor- und Nachteilen zu bewerten“, erläutert PD Dr. Tobias Becher, Oberarzt der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin des UKSH, Campus Kiel, der die ärztliche Leitung des Projekt übernommen hat. „So können wir idealerweise bereits vor einer Behandlung möglichst präzise abschätzen, welcher der beste Behandlungspfad für die jeweilige Patientin oder den jeweiligen Patienten ist.“

Die Lungenzwillinge sollen zukünftig eingesetzt werden, um die Behandlungsergebnisse von beatmeten Intensivpatientinnen und -patienten mit akutem Atemnotsyndrom, kurz ARDS, zu verbessern. ARDS ist eine lebensbedrohliche Erkrankung der Lunge, die durch verschiedene Ursachen wie Trauma, Sepsis oder Infektionen der Lunge ausgelöst werden kann. Sie führt zu einem erschwerten Atmen und einem lebensgefährlichen Sauerstoffmangel im Körper. ARDS betrifft jeden zehnten Erkrankten auf der Intensivstation und etwa 23 Prozent der Patientinnen und Patienten an Beatmungsgeräten. Nach Schätzungen erkranken weltweit jährlich sechs Millionen Menschen an ARDS. Die Sterblichkeitsrate liegt je nach Schweregrad bei bis zu 40 Prozent.

Die erfolgreiche Behandlung von ARDS erfordert spezialisiertes Fachwissen und ist sehr zeitintensiv. Sie kann selbst für erfahrene Fachleute für Intensivmedizin eine große und in ihrer Komplexität schwer zu bewältigende Aufgabe sein, besonders, weil viele therapiekritische Daten aus dem Inneren der Lunge während der Behandlung nicht vorliegen. Die virtuellen Lungenzwillinge sollen zukünftig solche Informationen aus dem Inneren der Lunge liefern und dazu beitragen, die Behandlungsergebnisse mithilfe KI-basierter Behandlungsvorschläge zu verbessern.

Das UKSH ist für die klinisch-wissenschaftliche Weiterentwicklung der digitalen Lungenmodelle besonders qualifiziert, da es eines der weltweit führenden Zentren für elektrische Impedanztomographie (EIT) ist. Dabei handelt es sich um ein innovatives, nichtinvasives bildgebendes Verfahren, das auf Messungen der elektrischen Leitfähigkeit im menschlichen Körper basiert. Auch bei der Therapie von Betroffenen mit ARDS wird diese spezialisierte Technik angewendet. Das Team um Dr. Becher und Prof. Dr. Dirk Schädler, Leiter des Bereichs Interdisziplinäre Operative Intensivmedizin am Campus Kiel des UKSH, wird mithilfe der elektrischen Impedanztomographie die Vorhersagekraft der von Ebenbuild neu entwickelten Methoden untersuchen und weiterentwickeln. Anhand der Daten aus klinischen Beobachtungsstudien wird erforscht, wie präzise die Modelle von Ebenbuild den Therapieerfolg vorhersagen können.