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„Europa muss wieder wettbewerbsfähiger werden“

30.04.2024 17:10
Spezialrecht wie die EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) müssen auf europäischer Ebene klar Vorrang vor Horizontalrecht wie der kürzlich verabschiedeten KI-Verordnung (AI-Act) haben, um Doppelregulierungen zu verhindern. Das sagte die Europaabgeordnete Svenja Hahn (FDP) beim Online-Format „Aktuelle Stunde aus Brüssel“ des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed) am 29. April 2024. Sie erwartet nun eine klare Abgrenzung in den Guidelines der EU-Kommission zum AI-Act – und sprach sich für eine bessere Folgeabschätzung bei den EU-Regularien sowie einen KMU-Tests aus. Insgesamt müsse Europa durch eine „Wirtschaftswende“ wieder wettbewerbsfähiger werden. Hahn ist unter anderem Mitglied des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz im EU-Parlament.

Bei der KI-Regulierung hätte sich die FDP-Europaabgeordnete „mehr Freude an Innovationen und Bürgerrechten“ gewünscht. Neben einer klaren Abgrenzung zu Spezialgesetzen erwartet Hahn von den anstehenden Ausführungsverordnungen nun vor allem „praktikable und klare Regeln“ durch die Kommission.

Ein weiteres Beispiel für „gut gemeint, aber schlecht gemacht“ ist aus Sicht Hahns auch das EU-Lieferkettengesetz. Hier seien zwar noch Verbesserungen erreicht worden, „aber es ist kein gutes Gesetz“. Kritisch sieht sie vor allem die Regelungen zur Haftung außerhalb des eigenen Einflussbereichs eines Unternehmens. „Das ist zu unklar geregelt. Rechtsunsicherheit schadet hier nur und kann zu einem weiteren Wettbewerbsnachteil für europäische Unternehmen werden“, so die Europapolitikerin aus Hamburg.

Aus wirtschaftlicher Sicht sieht sie den Standort Europa an einer Weggabelung. Die wirtschaftliche Tätigkeit sei in der EU in den letzten Jahren erschwert worden. „Wir brauchen jetzt eine Wirtschaftswende unter Berücksichtigung der sozialen Marktwirtschaft“, so Hahn. Sie plädierte neben Bürokratieabbau auch für Deregulierung und Stärkung des Handels sowie gegen Protektionismus und für faire Wettbewerbschancen. Zu deren Sicherung gehöre auch die aktuell eingeleitete IPI-Untersuchung gegen Ausschreibungspraktiken im Medizintechnikbereich in China.

Beim Thema Entbürokratisierung und Deregulierung sei das Problem, dass die EU-Kommission selbst keinen Überblick darüber habe, welche doppelten Berichtspflichten es gebe. Auf der anderen Seite würden immer neue Auflagen und Pflichten erlassen. Hier müsse es Verbesserungen und mehr Transparenz geben. „Und wir müssen Investitionen in Europa wieder attraktiver machen.“

Der BVMed-Vorstandsvorsitzende Mark Jalaß und BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll unterstützten die Europapolitikerin bei dem Anliegen, mit einem „Industrial Deal“ einen besseren Interessensausgleich mit wirtschaftspolitischen Belangen zu erzielen. „Europa muss wieder wettbewerbsfähiger werden. Wir brauchen eine bessere Folgeabschätzung von Regulierungen. Wir brauchen Entbürokratisierung und Deregulierung. Wir brauchen mehr Transparenz und Berechenbarkeit“, so Jalaß und Möll.