Sie sind hier: Startseite Nachrichten Neue Initiative mit ersten Lösungsansätzen für bessere Vernetzung und Versorgung

Neue Initiative mit ersten Lösungsansätzen für bessere Vernetzung und Versorgung

04.04.2024 16:59
Mehr Lebensqualität und eine bessere Versorgung für Menschen mit der seltenen Schmetterlingskrankheit: So lauten die Ziele einer neuen Initiative, deren Mitglieder Ende Januar erstmals zusammengekommen sind. Auf Initiative von Amryt Pharma, seit Beginn des Jahres im Geschäftsbereich "Seltene Erkrankungen" von Chiesi Deutschland integriert°, trafen sich Patient*innen, ihre Angehörigen, Selbsthilfegruppen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, Vertreter medizinischer Fachdisziplinen sowie Unternehmen aus den Bereichen Pharma und (häusliche) Wundversorgung.

Sie identifizierten und diskutierten während des zweitägigen Arbeitstreffens aus ihren unterschiedlichen Blickwinkeln heraus erste Lösungsansätze, die sich unabhängig von den Strukturen des Gesundheitssystems in die Wege leiten und vorantreiben lassen.

Perspektiven und Maßnahmen im DACH-Raum

Zum Auftakt diskutierten die Teilnehmer*innen die aktuelle Versorgungsstruktur für EB-Patient*innen in Deutschland. Die Ergebnisse einer umfangreichen Studie zur Erfahrung von Patient*innen mit EB wurden präsentiert und besprochen und mit den persönlichen Erfahrungen der teilnehmenden Betroffenen ergänzt. Daraus wurde ersichtlich, dass die aktuellen Versorgungs- und Studienstrukturen zu lückenhaft und heterogen sind, um den Behandlungsbedarfen von EB-Patient*innen gerecht zu werden. Vertreter der Selbsthilfegruppen ergänzten mit weiteren Berichten zur Lage in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Verbesserungsbedarf sahen alle in der Zusammenarbeit der einzelnen Stakeholder untereinander, der Awareness für EB, der Information über Behandlungsmöglichkeiten der schwerwiegenden Multisystem-Erkrankung und der Ausarbeitung gemeinsamer Lösungen unabhängig vom Gesundheitssystem und ähnlich der erfolgreichen Initiative in Österreich bis zur Gründung des EB-Hauses in Salzburg. Um den ermittelten Bedarf anzugehen, hat die Interessengemeinschaft Epidermolysis Bullosa e. V. DEBRA Deutschland für sich entschieden, die folgenden kurz- und mittelfristigen Maßnahmen anzugehen:

  • Schaffung einer Vollzeit-Stelle bei der DEBRA Deutschland
  • Information und Aufklärung zu EB in Deutschland unter Nutzung vorhandener Kampagnen-Materialien und Erfahrungen der DEBRA Austria (Österreich)
  • Sammlung und Strukturierung von nationalen und internationalen Ausbildungsangeboten auf der DEBRA Deutschland-Website
  • Erarbeitung einer Übersicht zu aktuell vorhandenen Versorgungsangeboten in Deutschland (Zentren, Ärztinnen/Ärzte, Wundversorger, Homecare-Unternehmen, etc) auf der DEBRA Deutschland-Website

"Ich bin sehr dankbar für diese Initiative. Es ist eine große Chance, dass sich hier so viele unterschiedliche Gruppen an einen Tisch gesetzt, sich auf konkrete erste Schritte zur Verbesserung der Versorgung von EB-Betroffenen verständigt und eine langfristige Mitarbeit in der Initiative avisiert haben. Das ist ein riesiger Schritt in die richtige Richtung", so das Fazit von Andreas Miller, selbst Patient und stellvertretender Vorsitzender der DEBRA Deutschland.

Um Kontinuität zu gewährleisten, soll es regelmäßige virtuelle Updates sowie mindestens ein persönliches Treffen pro Jahr geben. Dazu sollen auch weitere Organisationen sowie Krankenkassen eingeladen werden.

Haut, so empfindlich wie ein Schmetterlingsflügel

Fachlich korrekt heißt die Schmetterlingskrankheit Epidermolysis bullosa, kurz EB. Die deutsche Übersetzung, "blasenförmige Ablösung der Haut", hört sich schlimm an - und ist es auch: Bei der angeborenen seltenen Erkrankung ist die Haut - wie die Schmetterlingsflügel - besonders verletzlich. Schon bei leichtem Druck oder Reibung entstehen Blasen und z.T. großflächige Wunden, die zu Narbenbildung und oftmals starken Schmerzen führen. Ursache ist eine genetisch bedingte, fehlerhafte Synthese von Eiweißstoffen, die für den Zusammenhalt der Hautschichten zuständig sind. Mögliche Folgen sind unter anderem Unterernährung, Verwachsungen von Fingern und Zehen, Bewegungseinschränkungen bis hin zu schweren Behinderungen und Hautkrebs. In Europa wird die Zahl der Menschen mit Epidermolysis bullosa auf ca. 30.0001 geschätzt, davon mindestens 2.000 in Deutschland2. EB ist bislang nicht heilbar.

Wenige Zentren, unsichere Finanzierung, lückenhaftes Wissen im Gesundheitswesen

Aber dass die Versorgung von EB-Patient*innen in Deutschland zeitnah verbessert werden muss, war Konsens bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Treffens in Frankfurt. Denn aktuell stoßen die entsprechenden Strukturen des Gesundheitswesens für alle Beteiligten an Grenzen. Die Betroffenen leiden nicht nur an der Krankheit selbst, sondern auch am oft lückenhaften Wissen der Behandelnden über EB, an der erschwerten Versorgung mit den notwendigen speziellen Verbandsstoffen und mit Medikamenten zur Beschleunigung der Wundheilung sowie an weiten Wegen zu den Zentren.

Für eine effektive Versorgung muss sich medizinisches Fachpersonal mit den Besonderheiten der EB-Wundbehandlung auskennen und mehr Zeit mitbringen als unter den aktuellen medizinischen und gesundheitsrechtlichen Bedingungen realisierbar: ein Verbandswechsel dauert zum Teil bis zu 4 Stunden und das oft täglich. Die begrenzte Anzahl von Zentren und Klinikambulanzen in Deutschland, die sich um EB-Betroffene kümmern, bemüht sich unablässig um alternative Wege innerhalb dieser vorgegebenen Strukturen, um die Bedürfnisse der Betroffenen zu adressieren.

Erste Lösungsansätze: Angehen, was machbar ist

Konsens war, sich besser zu vernetzten und auf Lösungsansätze zu fokussieren, die man gemeinsam mit den Teilnehmenden des Treffens und zunächst unabhängig von den Strukturen des Gesundheitssystems in die Wege leiten und vorantreiben kann. Vorbild für diesen Ansatz ist der Weg von den ersten Initiativen in Österreich bis zur Gründung des EB-Hauses am Salzburger Universitätsklinikum. Das EB-Haus Austria als weltweit erste spezialisierte EB-Klinik ermöglicht es, zum einen Expertise zu bündeln und zum anderen für weitere Behandlungen die Ressourcen im Klinikumfeld zu nutzen. In Österreich gelang die komplette Finanzierung aus Spenden, was Unabhängigkeit von der Planung bis zur Fertigstellung gewährleistete und heute die Kosten für den laufenden Betrieb deckt.

° 2024 erweiterte Chiesi Deutschland mit der Integration von Amryt Pharma sein Portfolio im Geschäftsbereich Rare Diseases um die Indikationen Lipodystrophie, homozygote familiäre Hypercholesterinämie und Epidermolysis Bullosa. Chiesi verstärkt damit sein Engagement für Menschen mit seltenen Erkrankungen und ihre Angehörigen mit dem Ziel, eine optimale Versorgung zu erreichen und sie ganzheitlich zu unterstützen.