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Neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Gesundheitsstandort Deutschland

26.03.2024 16:49
Die Pharmabranche ist eine Schlüsselindustrie für die deutsche Wirtschaft und sichert die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. Doch im internationalen Standort-Wettbewerb droht Deutschland zurückzufallen, zeigt die Studie "Gesundheitsstandort Deutschland: Entwicklungen und Potenziale - Die Rolle der Pharmaindustrie für Wirtschaft und Gesellschaft" des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag von Pfizer.

Um langfristig erfolgreich zu bleiben, müssen der Studie zufolge entlang der gesamten Wertschöpfungskette jetzt die richtigen Impulse seitens Politik und Wirtschaft gesetzt werden. Als einen wichtigen Hebel für eine gestärkte Pharmaindustrie sehen die Autorinnen und Autoren die Translation von heimischer Grundlagenforschung in angewandte und klinische Forschung.

Die Pharmaindustrie zählt zu den produktivsten und investitionsstärksten Branchen des verarbeitenden Gewerbes. Gleichzeitig schafft sie hochqualifizierte Arbeitsplätze mit hohem Lohnniveau und ist äußerst wertschöpfungsstark: Im Jahr 2022 waren insgesamt rund 142.000 Menschen in der deutschen Pharmaindustrie beschäftigt und erwirtschafteten mit knapp 30 Milliarden Euro rund ein Prozent der gesamten Bruttowertschöpfung in Deutschland. Im europäischen Standortvergleich liegt sie damit in puncto Wertschöpfung nach der Schweiz an zweiter Stelle und nimmt so auch in Europa eine wichtige Rolle ein.

"Deutschland ist für pharmazeutische Unternehmen ein attraktiver Forschungs- und Produktionsstandort. Ein bislang verlässlicher Schutz geistigen Eigentums, hervorragend ausgebildete Fachkräfte und ein dichtes Netz an renommierten Forschungsinstituten sowie die Nähe zu wichtigen Zulieferindustrien sind nur einige entscheidende Parameter", so Dr. Jasmina Kirchhoff, Projektleiterin am Institut der deutschen Wirtschaft.

Attraktivitätseinbußen im internationalen Wettbewerb

Während sich die Herstellung von Generika im Laufe der letzten 20 Jahre nach Asien verlagert hat, hat sich Europa auf die Entwicklung und Produktion innovativer, technisch komplexer Präparate spezialisiert. Nach den USA sind in Deutschland die meisten Produktionsstätten für biopharmazeutische Wirkstoffe weltweit angesiedelt. In Deutschland entwickelte und produzierte pharmazeutische Produkte sind international gefragt: Das deutsche Exportvolumen ist mit 122 Milliarden Euro eineinhalb Mal so hoch wie die Einfuhren dieser Produkte. Das innovative Geschäftsmodell erfordert eine kontinuierlich starke Forschungs- und Entwicklungsleistung, hierfür werden fast 12 Prozent des Branchenumsatzes der Pharmaindustrie aufgewendet - deutlich mehr als in jeder anderen Branche des verarbeitenden Gewerbes.

Doch der globale Wettbewerb nimmt deutlich zu: Im internationalen Vergleich zeigt die deutsche Pharmaforschung eine mittelmäßige Entwicklung, Länder wie China oder Belgien steigern ihre Forschungsausgaben seit Jahren überdurchschnittlich. Im Ranking der Standorte für klinische Studien belegt Deutschland 2021 nur noch den sechsten Platz. Immer komplexer werdende Regularien und steigende Bürokratieanforderungen erschweren Forschungsprojekte, klinische Studien und Markteinführungen. "Zusätzlich bringen die kürzlich im Finanzstabilisierungsgesetz vorgenommenen Änderungen am AMNOG-Verfahren zur nutzenbasierten Preisbildung von innovativen Medikamenten den Arzneimittelmarkt ins Wanken und drohen die Entwicklung der Pharmaindustrie in Deutschland zu schwächen", gibt Kirchhoff zu Bedenken. Auch die geplante Verkürzung des Unterlagenschutzes im EU-Pharmapaket könnte den Standort Deutschland der Studie zufolge zunehmend unattraktiv für pharmazeutische Unternehmen machen.

Erfolgsfaktoren für die Standortsicherung

Um den Pharmastandort Deutschland langfristig zu stärken und Wettbewerbsvorteile, die bei den innovativen Arzneimitteln gegenüber anderen Ländern bestehen, weiter auszubauen, hat die Studie unterschiedliche Potenziale entlang der Wertschöpfungskette identifiziert. Zu den vorgeschlagenen Maßnahmen zählen das Schaffen innovations- und investitionsfreundlicher Rahmenbedingungen, der Abbau bürokratischer Hürden und das Etablieren einheitlicher Standards, etwa beim Zugang zu Gesundheitsdaten. Zusätzlich wird empfohlen, die Übertragung von Ergebnissen der heimischen Grundlagenforschung in die angewandte Forschung zu stärken und das Tempo der Digitalisierung zu beschleunigen. Darüber hinaus gilt es, durch einen offenen Austausch aller Akteure des Gesundheitssystems sowie eine ressortübergreifende Zusammenarbeit aller relevanten Ministerien bestehende Silos aufzubrechen.

"Die Pharmastrategie der Bundesregierung beinhaltet viele richtige Maßnahmen. Das stimmt mich positiv. Wichtig ist aber auch, dass die Basis stimmt. Wir brauchen ein Umfeld, das Innovationen wertschätzt und verlässliche Rahmenbedingungen für den Markteintritt neuer Therapien bietet", sagt Dr. Sabine Gilliam, Country President von Pfizer in Deutschland. "Eine Reform des AMNOG, insbesondere eine Rücknahme der Regelungen des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes, ist essenziell, damit die Menschen in Deutschland weiter im gleichen Maße von innovativen Medikamenten profitieren und diese auch weiterhin in Deutschland produziert werden."