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Niedersächsische Radiologen warnen vor langen Wartezeiten

13.04.2023 12:04
Wer in Niedersachsen ein CT, MRT oder eine Mammografie benötigt, muss aktuell viel Geduld mitbringen. Insbesondere in ländlichen Regionen sind Termine beim Radiologen derzeit nur sehr schwer zu bekommen. Doch auch in den Städten sieht es nicht viel besser aus. „Auf einen Mammografie-Termin warten Patienten in Lüneburg zum Beispiel fast ein halbes Jahr. In Oldenburg dauert es etwa fünf Monate bis zu einem Bauch-MRT und wer seine Schilddrüse untersuchen lassen muss, wartet in Hildesheim sogar fast neun Monate“, weiß Dr. Florian Elgeti, Facharzt für diagnostische Radiologie aus Hannover und Mitglied der RadiologenGruppe 2020.

Dabei sind viele Patienten dringend auf die bildgebende Diagnostik angewiesen. Die langen Wartezeiten lassen Betroffene nicht nur darüber im Ungewissen, ob sie wirklich krank sind, sondern verzögern im schlimmsten Fall auch den Behandlungsbeginn – bei schweren Erkrankungen wie Krebs besonders fatal.

Personalmangel und Kostendruck steigen

Für die langen Wartezeiten gebe es verschiedene Ursachen: Aufgrund des Personalmangels arbeiteten in den Praxen beispielsweise nicht genug medizinisch-technische Assistenten, die Untersuchungen wie MRT und CT durchführen können. In weniger attraktiven – oftmals ländlichen – Regionen herrsche zusätzlich auch Ärztemangel. „Manche Ärzte sehen sich aktuell leider aus Kostengründen gezwungen, einige Untersuchungen nicht mehr anzubieten. Für ein MRT des Kopfes erhalten Radiologen in Niedersachsen von den gesetzlichen Krankenkassen beispielsweise im Mittel nur 93 Euro pro Patient. Ihnen entstehen allerdings Kosten in Höhe von 164 Euro für Gehälter, Strom, die Geräte und deren Instandhaltung sowie Miete der Praxisräumlichkeiten. Mit jedem Patienten machen Radiologen aktuell bei dieser Untersuchung also 71 Euro Verlust“, rechnet  Elgeti vor und ergänzt: „Wer dieses Defizit nicht durch die Behandlung von Privatpatienten ausgleichen kann, muss die kostspieligen Untersuchungen streichen, um seine Praxis am Leben zu halten.“

Zweckentfremdung von Versichertengeldern

Um zu verstehen, warum niedersächsische Radiologen nicht kostendeckend arbeiten können, müsse man betrachten, wie Versichertengelder im Bundesland verteilt werden: Welcher medizinische Fachbereich wie viele Gelder erhält, bestimmt grundsätzlich die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen. „Die Honorarverteilung wurde in diesem Gremium 2008 festgelegt und seitdem nicht mehr wesentlich angepasst. Dabei hat sich in den letzten 15 Jahren einiges getan. In der Radiologie haben sich zum Beispiel strahlenärmere Untersuchungen durchgesetzt. Sie sind schonender für den Patienten, aber auch aufwändiger und teurer. Diese Entwicklung spiegelt sich allerdings nicht in der Vergütung wider“, erklärt Elgeti. Aufgrund dieser Schieflage kämen in Niedersachsen etwa 12 Millionen Euro pro Quartal nicht wie eigentlich im Leistungskatalog vorgesehen in der Radiologie an. Stattdessen würden die Gelder für andere medizinische Fachrichtungen zweckentfremdet.

Während Praxen anderer Disziplinen etwa 80 bis 90 Prozent der vom einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) empfohlenen Vergütung erhielten, lägen Niedersachsens Radiologen bei einer Auszahlungsquote von nur 68 Prozent. „Deshalb können wir keine marktüblichen Gehälter zahlen und unsere Fachkräfte wandern regelmäßig in andere Bundesländer oder den stationären Sektor ab. Auch Investitionen in moderne Geräte sind auf diese Weise nicht möglich. Die Gesundheitsversorgung unserer Patienten ist aktuell gefährdet wie noch nie zuvor", sagt Elgeti und formuliert die Forderung nach einer gerechten leistungsbezogenen Honorarverteilung, wie sie es bereits in anferen Bundesländern gebe. "In Berlin wurde ein ähnliches System bereits vor einigen Jahren nach einem Urteil des Sozialgerichts geändert. Das erwarten wir auch von der KV Niedersachsen.“