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Viel Bürokratie und wenig Nutzen – Qualitätssicherungsinstrument für Psychotherapie geht nach G-BA-Beschluss in die Erprobungsphase

24.01.2024 16:47
Nach deutlicher Kritik im Vorfeld hat der Gemeinsame Bundesausschuss jetzt einen Beschluss zur Änderung der Richtlinie zur datengestützten einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung (DeQS-RL) in der ambulanten Psychotherapie beschlossen. Das Instrument soll nun zunächst in einer Modellregion in NRW erprobt und evaluiert werden. Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) sowie dessen Sektion VPP (Verband Psychologischer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten im BDP) begrüßen diese Entscheidung des G-BA für eine Erprobungsphase als absolute Notwendigkeit.

Gleichzeitig kritisiert der Verband in diesem Zusammenhang den hohen administrativen Aufwand bei einem eher fraglichen Nutzen des geplanten Verfahrens.

Das neue QS-Verfahren soll das etablierte Antrags- und Gutachterverfahren bei (Langzeit‑)Behandlungen ablösen. Sowohl bei Patient*innen als auch Behandler*innen sollen aufwendige Befragungen zu bereits erfolgten Therapie durchgeführt werden. „Ambulant behandelte Patient*innen sollen zukünftig einen 14-seitigen Fragebogen retrospektiv ausfüllen, obwohl es bereits eine Reihe von Qualitätssicherungsmaßnahmen in der Psychotherapie gibt“, kritisiert BDP-Vizepräsidentin Susanne Berwanger. Psychotherapeut*innen verfügen über eine fundierte Ausbildung und sind zu regelmäßigen Fort- und Weiterbildungen verpflichtet. In den ambulanten Kassenpraxen gibt es zudem Qualitätsmanagementsysteme sowie Feedback- und Beschwerdesystem für Patient*innen.

Ob das Verfahren die Behandlungsqualität transparenter machen sowie fördern und die Patient*innen-Partizipation am Behandlungsprozess stärken kann, bleibt abzuwarten. Ziel des Modellprojekts ist laut G-BA-Eckpunktepapier die Prüfung aller relevanten Qualitätsindikatoren sowie auch der Erhebungsinstrumente und das QS-Verfahren selbst. „Ob das in der Praxis gelingt, müssen wir kritisch beobachten“, so Berwanger. Bislang wurden Vorschläge von Psychotherapeut*innen im Prozess der Verfahrensentwicklung kaum berücksichtigt.

„Damit das aufwendige Prozedere überhaupt einen Nutzen hat, müsste das Verfahren von einem unabhängigen Institut ergebnisoffen evaluiert werden. Und um Kolleg*innen vor Ort mitzunehmen, müssten diese gut informiert und für entstehende Mehraufwände entschädigt werden“, fordert Dr. Johanna Thünker, Vorsitzende der VPP-Regionalgruppe NRW. Der Verband sieht eine Zukunft des neuen Konzeptes nur, wenn die Prozesse verschlankt und ein tatsächlicher Nutzen nachgewiesen werden können. Alles andere könnte der ohnehin kaum ausreichenden psychotherapeutischen Versorgung der Bevölkerung eher schaden.