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Wissensdefizite der geschlechtersensiblen Medizin nicht in die digitale Welt übertragen

17.10.2023 17:48
Um eine Fehlversorgung von Frauen in der Gesundheitsversorgung zu verhindern, müssen vorhandene Wissenslücken in der geschlechtersensiblen Medizin geschlossen und Gender-Bias in der künstlichen Intelligenz ausgeschlossen werden. Mit dieser Forderung ist der Runde Tisch „Frauen im Gesundheitswesen“ auf seinem heutigen zweiten Parlamentarischen Abend an die Politik herangetreten. Im Beisein von Bundesfamilienministerin Lisa Paus, Abgeordneten des Deutschen Bundestages und Vertreter:innen aus dem Gesundheitssystem, aus Wissenschaft und Wirtschaft verfolgten rund 150 Gäste in der Landesvertretung Saarland eine intensiv geführte Podiumsdiskussion zum Thema „Digitales Gesundheitswesen ohne Gender-Bias“.

m Gepäck hatten die 12 im Runden Tisch vereinigten Trägerorganisationen außerdem ein Positionspapier, mit dem sie auf die aktuelle Problematik aufmerksam machen. Unter dem Titel „Gender-Bias bei Künstlicher Intelligenz ausschließen – Versorgungsqualität erhöhen“ beschäftigt sich das Papier mit der fehlenden Berücksichtigung geschlechterspezifischer Unterschiede bei Datenerhebungen, die für die Frauengesundheit fatale Folgen haben kann. Weil die Bedeutung von Algorithmen und KI in der Gesundheitsversorgung stetig zunimmt, müssen die dafür zugrundeliegenden wissenschaftlichen Daten vollständig sein.

In der Realität sieht es allerdings noch anders aus. Frauen sind in klinischen Studien nach wie vor unterrepräsentiert. Dies führt dazu, dass die Datengrundlagen, auf die sich KI-Analysen beziehen, unzureichend sind und somit ein Gender-Bias – sozusagen ein geschlechterbezogener Verzerrungseffekt – besteht. Hinzu kommt, dass bei der automatisierten Auswertung von Daten, zum Beispiel mit KI, häufig keine ausreichende Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Aspekte gewährleistet ist. Eine in diesem Maße nicht gendergerechte Versorgung, heißt es im Positionspapier weiter, könne bereits als Fehlversorgung verstanden werden. Für die Qualität der Versorgung sei es daher ausschlaggebend, auch hier auf Chancengerechtigkeit zu achten. Vorhandene Wissensdefizite der geschlechtersensiblen Medizin dürfen nicht in die digitale Welt übertragen werden. In einem Gesundheitswesen, dass künftig auch Elemente der KI nutzt, bedarf es zudem einer großen Sensibilität für den Aufbau und die Wirkweise von Algorithmen. Derzeit sind Frauen in IT-Berufen und somit in der Gestaltung der Digitalisierung im Gesundheitswesen jedoch deutlich unterrepräsentiert.

Der Runde Tisch „Frauen im Gesundheitswesen“ fordert daher die geschlechtersensible (Weiter-) Entwicklung digitaler Technologien sowie eine paritätische Besetzung mit Frauen und Männern in Gestaltungspositionen der Digitalisierung. Damit die digitale Transformation des Gesundheitswesens gelingen kann, fordern die 12 Partnerorganisationen zudem die Entwicklung eines Leitbilds, das alle Geschlechter beim Aufbau von KI-gestützten Lösungen gleichermaßen miteinbezieht.

Geschlechtsspezifische Aspekte müssen in Ausbildung, (Grundlagen-) Forschung und Versorgung berücksichtigt werden, damit digitale Anwendungen sich zeitgemäß und divers an allen Geschlechtern orientieren können. Ebenso gefordert werden eine höhere Repräsentanz von Frauen in der Datengrundlage, die Förderung von Parität in Lehre, Forschung und Führung im digitalen Bereich und die vermehrte Besetzung von Führungspositionen in der Gesundheits-IT durch Frauen.

 

Das ausführliche Positionspapier finden Sie unter: https://healthcare- frauen.de/fileadmin/user_upload/HCF/08_Presse/2023-10-12_Positionspapier_Gender- Bias_final.pdf