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Barmer GEK Arzneimittelreport 2016 deckt Einsparpotenzial in Milliardenhöhe auf

15.06.2016 12:57
Allein in den nächsten fünf Jahren könnten ohne großen Aufwand mehr als vier Milliarden Euro in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) eingespart werden. Das Potenzial, überflüssige Mehrausgaben zu verhindern, liegt nach Angaben der Barmer GEK in den sogenannten Biosimilars, Nachahmerprodukten der biotechnologisch hergestellten Arzneimittel (Biologika). Das belegt der Barmer GEK Arzneimittelreport 2016, der am 14. Juni in Berlin vorgestellt wurde.

"Allein bei der Barmer GEK lässt sich in den nächsten fünf Jahren durch eine konsequente Verschreibung von Biosimilars eine halbe Milliarde Euro an unnötigen Ausgaben verhindern", sagte der Vorstandsvorsitzende der Barmer GEK, Dr. Christoph Straub.

Dem Report zufolge ist zwischen den Jahren 2010 und 2015 der Anteil der Versicherten, die ein biotechnologisch hergestelltes Arzneimittel erhalten haben, im ambulanten Sektor von 3,1 auf vier Prozent gestiegen. Im selben Zeitraum sind die Ausgaben für diese Arzneimittel um mehr als 40 Prozent gewachsen und machen inzwischen 1,2 Milliarden Euro aus. Biotechnologisch hergestellte Arzneimittel verursachen damit 21,3 Prozent der gesamten Arzneimittelkosten der Barmer GEK (5,7 Milliarden Euro).

Starke regionale Unterschiede bei Biosimilarverordnung

Ob ein Patient ein Biosimilar erhält, hängt nicht unwesentlich davon ab, wo er wohnt. Denn die Biosimilarquoten differieren je nach Kassenärztlicher Vereinigung um fast 100 Prozent. Während die Ärztinnen und Ärzte in Bremen in 54,2 Prozent der Fälle Biosimilars verordnen, sind es im Saarland nur 27,4 Prozent. Wenn man die einzelnen Präparate betrachtet, unterscheiden sich die Verschreibungsquoten sogar um das bis zu 19-Fache.

Dass viele Ärzte Biosimilars nur selten verordnen, könnte an der Informationspolitik der Pharmahersteller liegen, die schwindende Umsätze bei ihren teureren Originalpräparaten befürchten", so der Autor des Arzneimittelreports, Professor Daniel Grandt, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin I des Klinikums Saarbrücken. Umso mehr komme es auf die Kassenärztlichen Vereinigungen in den einzelnen Ländern an, noch stärker über Biosimilars zu informieren und mögliche Vorurteile aus der Welt zu räumen.

Aus dem Barmer GEK Arzneimittelreport 2016

  • Ausgaben im Jahr 2015: Die Ausgaben für Fertigarzneimittel Barmer GEK Versicherter stiegen im Jahr 2015 um 5,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Insgesamt wandte die Barmer GEK 4,62 Milliarden Euro auf. Das entspricht 510,62 Euro je Versicherten, wobei für Frauen mit 520,17 Euro deutlich höhere Ausgaben entstanden als für Männer (497,74 Euro). Der Anstieg ist zu etwa gleichen Teilen auf teurere Arzneimittel und auf Mehrverordnungen zurückzuführen. Nicht ausschließlich erklärt werden kann das Ausgabenplus durch demografische Faktoren, da im Berichtszeitraum das Durchschnittsalter der Versicherten lediglich um 0,4 Jahre gestiegen ist (im Report auf Seite 22).
  • Arzneimittelwirkstoffe mit den höchsten Umsätzen: Mit 127,7 Millionen Euro weist der Wirkstoff Adalilumab (Humira®) den höchsten Umsatz für Barmer GEK Versicherte auf. Er wird zur Behandlung rheumatischer Erkrankungen und chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen eingesetzt. Auf Platz zwei folgt mit 95,3 Millionen Euro Sofosbuvir/Ledipasvir ("Harvoni") zur Behandlung von Hepatitis C. Den dritten Rang nimmt Bevacizumab (Avastin®) mit einem Umsatz von rund 85 Millionen Euro ein, das zur Behandlung von Krebserkrankungen dient (Seite 24 ff).
  • Facharztgruppen: Im Jahr 2015 erhielten 77 Prozent aller Barmer GEK Versicherten Arzneimittel verordnet. Eine Zuordnung der Arzneimittelausgaben nach Facharztgruppen zeigt, dass 44 Prozent der Ausgaben auf Verordnungen durch hausärztlich tätige Mediziner entfallen. Neun Prozent der Ausgaben entstanden durch Verordnungen von Neurologen und 5,6 Prozent durch die von Hämatologen beziehungsweise Onkologen (Seite 41).
  • Verteilung der Ausgaben unter den Versicherten: Die Ausgaben für die Versorgung von rund sieben Millionen Barmer GEK Versicherten, die im Jahr 2015 Arzneimittel verordnet bekamen, verteilen sich sehr ungleich. Das Ausmaß der Ungleichverteilung wird daran deutlich, dass auf 2,9 Prozent der Versicherten der Barmer GEK mit Arzneimittelverordnung 50 Prozent ihrer Arzneimittelausgaben entfallen. Im Jahr 2010 umfasst diese Gruppe noch 4,6 Prozent der Versicherten. Während im Jahr 2010 etwa 30 Prozent aller Arzneimittelausgaben von etwa 1,1 Prozent aller Versicherten benötigt wurden, entfällt derselbe Kostenanteil mittlerweile auf nur 0,63 Prozent (Seite 32/33).