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SBK: Digitale Gesundheitskompetenz muss verbessert werden

04.03.2021 20:35
Eine deutschlandweite Befragung von YouGov im Auftrag der SBK unter 1.832 Teilnehmern, davon 1.002 Menschen mit schwerer oder chronischer Erkrankung, stellt die Frage in den Mittelpunkt, wie gesundheitskompetent sich Menschen mit Erkrankung einschätzen. Ergebnis: Weniger als die Hälfte (43 Prozent) der chronisch oder schwerer Erkrankten gibt an, hilfreiche Informationen oder Angebote für den Umgang mit ihrer Erkrankung bekommen zu haben. Unsicherheit herrscht besonders im Umgang mit digitalen Formen der Gesundheitsvorsorge und Therapie.

22 Prozent haben demnach zwar Informationen erhalten, empfanden diese aber nicht als hilfreich, und mehr als einem Viertel (27 Prozent) wurden keine derartigen Informationen zur Verfügung gestellt.

Dazu Dr. Gabriele Gonschor, Fachbereichsleiterin für innovative Präventions- und Versorgungsangebote bei der SBK: "Diese Daten zeigen uns, dass Aufklärung im Krankheitsfall nicht in ausreichendem Maße an den Bedürfnissen der Patienten orientiert ist. Sowohl die Art der Kommunikation als auch deren Inhalte scheinen die Patienten häufig nicht gut zu erreichen."

Während der Großteil der Befragten (rund 70 Prozent) sich beim Finden, Verstehen und Anwenden von Gesundheitsinformation allgemein als kompetent einschätzt, empfinden sie in puncto digitaler Gesundheitskompetenz deutlich größere Lücken: Im Umgang mit Gesundheits-Apps und Online-Therapien fühlen sich nur 37 Prozent sicher. Ein Viertel kann mit der digitalen Form der Gesundheitsversorgung gar nichts anfangen. Auch Informationen aus dem Internet stellen viele Menschen vor höhere Hürden als gesundheitsbezogene Informationen, die sie über andere Kanäle erhalten. So gibt nur noch die Hälfte der Befragten (52 Prozent der Erkrankten und 49 Prozent der Gesunden) an, sich sicher im Umgang mit Informationen aus dem Internet zu fühlen. Dabei ist das gerade auch in Zeiten der Corona-Pandemie, in denen viele Menschen verstärkt auf digitalem Wege nach Informationen und Hilfe suchen, bedenklich.

In dieses Bild passe, dass die überwiegende Mehrheit der Befragten (68 Prozent) keine digitalen Geräte oder Apps nutzt, um regelmäßig die eigenen Gesundheitsdaten zu erfassen. Das gilt für Menschen mit Erkrankung genauso wie für Gesunde.

Unterschiede zwischen Menschen mit Erkrankung und Gesunden zeigen sich hingegen unter den Nutzern der entsprechenden Apps und Geräte hinsichtlich der Intensität der Nutzung: 71 Prozent derjenigen mit Erkrankung gegen 64 Prozent derjenigen ohne Erkrankung analysieren die Daten regelmäßig. Auch zeigen die Menschen mit Erkrankung häufiger Ehrgeiz darin, ihre Werte zu verbessern (80 Prozent vs. 70 Prozent). Zudem fällt es ihnen leichter, Rückschlüsse aus den Daten für ihre eigene Gesundheit zu ziehen (66 Prozent vs. 56 Prozent).

Diejenigen, die sich auf die Nutzung digitaler Helfer zum Monitoring ihrer Gesundheitsdaten einlassen, scheinen also Nutzen aus diesen Angeboten zu ziehen - insbesondere dann, wenn sie unter einer Erkrankung leiden. Der Knackpunkt der Aufklärung scheint daher besonders im Wissen um diese Möglichkeiten oder deren Nutzen zu liegen.

Die Frage nach der Verlässlichkeit von gesundheitsbezogenen Informationen beschäftigt nur gut die Hälfte der Befragten. 46 Prozent geben an, die Verlässlichkeit einer Gesundheitsinformation - unabhängig davon, aus welcher Quelle diese stammt - nicht zu prüfen. Dr. Gabriele Gonschor: "Die große Zahl von Personen, die sich ohne Prüfung der Seriosität einer Quelle zu gesundheitsbezogenen Themen informiert, bereitet mir Sorgen. Ungeprüfte Falschinformationen können gerade im Gesundheitsbereich schwere Folgen haben."

Die Ergebnisse der vorliegenden Befragung zeigten, dass es noch nicht gelungen sei, Menschen ausreichend über für sie passende (digitale) Gesundheitsangebote aufzuklären. Auch der Umgang mit digitalen Gesundheitshelfern und deren Mehrwerte scheinen nicht ausreichend vermittelt zu werden. Ebenso zeigen noch zu viele beim Einordnen (digitaler) Gesundheitsinformationen Unsicherheiten. Das könne insbesondere für Menschen mit Erkrankung weitreichende Folgen haben.

Der neu eingeführte Paragraph 20k im SGB V zur digitalen Gesundheitskompetenz sieht die Krankenkassen in einer zentralen Rolle bei der Förderung von digitaler Gesundheitskompetenz. Dazu Dr. Gabriele Gonschor: "Wir begrüßen es sehr, dass die Politik dieses gesellschaftlich wichtige Thema aufgegriffen hat. Wir sehen aber auch: Die Bedürfnisse der Menschen bei der Gesundheitskompetenzförderung sind höchst unterschiedlich - abhängig von ihrer Lebens- und Gesundheitssituation genauso wie von ihrem individuellen Wissensstand. Aufklärungsangebote nach dem Gießkannenprinzip funktionieren nach unserer Überzeugung nicht. Vor diesem Hintergrund sehen wir einen guten Lösungsansatz zur Verbesserung der digitalen Gesundheitskompetenz in einer personalisierten und patientenzentrierten Gesundheitsaufklärung, die der Lebenssituation der Versicherten Rechnung trägt. Basis dafür können die bei den Krankenkassen vorliegenden Daten über die Patientenhistorie sein. Hohe Hürden bilden jedoch nach wie vor die um Monate zeitversetzte Übertragung von Abrechnungsdaten aus den Praxen und Krankenhäusern an die Krankenkasse. Um die vorhandenen Daten sinnvoll einzusetzen, fordern wir daher schon lange, dass Daten zu Diagnosen und Behandlungen ohne Zeitverzug an die Krankenkassen übertragen werden."

Die verwendeten Daten beruhen auf einer Online-Umfrage der YouGov Deutschland GmbH, an der zwischen dem 25. und 27.01.2021 insgesamt 1.832 Personen teilgenommen haben. Darunter n=1.002 Befragte, die eine langfristige oder chronische Erkrankung haben, die sie in ihrem Alltag zumindest zeitweise beeinträchtigt oder in der Vergangenheit beeinträchtigt hat. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren.