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BPI mahnt "soliden Umgang" mit Zahlen an

09.12.2015 15:17
Der Barmer-Arzneimittelreport stütze Reformvorschläge zum AMNOG auf fragwürdige Zahlen, so eine Stellungnahme des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Selbst der Arzneiverordnungs-Report (AVR) ziehe inzwischen von den in der Pressemitteilung der Barmer GEK zitierten Arzneimittel-Gesamtausgaben 2014 die gesetzlichen Rabatte ab, die Hersteller und Apotheker zu leisten haben, und weise die Einsparungen durch Rabattverträge aus. Damit würden die tatsächlichen Ausgaben der GKV statt bei 33,34 bei 27,8 Mrd. EUR und damit um 16 Prozent niedriger liegen. In den verbleibenden Ausgaben sei auch die Mehrwertsteuer enthalten, die dazu führe, dass aus Beitragsmitteln der GKV Steuereinnahmen gemacht würden.

"Wir mahnen einen soliden Umgang mit Zahlen an", sagt BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp dazu. "Die ewige Wiederholung von Ausgaben, welche die Kassen gar nicht hatten, verzerrt das Bild. Auch der beklagte Anstieg um 9 Prozent in 2014 ergibt sich vor allem, weil der Gesetzgeber 2014 den im Zuge der Wirtschaftskrise 2010 auf 16 Prozent erhöhten Herstellerabschlag auf sieben Prozent zurückgeführt hat. Das war mehr als überfällig, denn die Kassendefizite, die u.a. mit der Erhöhung 2010 vermieden werden sollten, sind nie eingetreten: Ganz im Gegenteil haben sie zu historisch nie dagewesenen Überschüssen der GKV beigetragen. Das Preismoratorium wird trotz allem bis heute fortgeführt", beklagt Fahrenkamp.

In einem Punkt liege der heute vorgestellte Arzneimittelreport der Barmer GEK aber richtig: Das AMNOG müsse dringend weiterentwickelt werden. Die Vorschläge der gesetzlichen Krankenkasse, die nach eigener Aussage darauf abzielen, "den Patientennutzen noch stärker als bisher zu berücksichtigen", werfen aus Sicht des BPI viele Fragen auf. Denn die Einbeziehung des Patientennutzens sei schon heute ein Ziel der frühen Nutzenbewertung des AMNOG. Die Vorschläge der BEK würden dagegen auf die Einführung weiterer wirtschaftlicher Bewertungsschritte und damit gerade nicht auf den Nutzen, sondern auf die Kosten von Arzneimitteln abzielen. Schon jetzt erreichten viele im Rahmen des AMNOG bewertete Neuerungen, darunter auch solche mit hohem Zusatznutzen, die Patientinnen und Patienten nicht oder nicht dauerhaft, weil sie vom Markt zurückgezogen, nicht verordnet oder gar nicht erst in Deutschland angeboten würden.

Ein Grund dafür seien auch nicht auskömmliche Ertragsperspektiven für die Unternehmen. Die vorgeschlagenen zusätzlichen Bewertungen würden diese Situation absehbar verschärfen. "Wir brauchen im AMNOG keine zusätzlichen Unwägbarkeiten bei den zu verhandelnden Erstattungsbeträgen, sondern in erster Linie strukturelle Reformen bei der Bewertung des Zusatznutzens, zum Beispiel bei Bewertungsmethodik, zweckmäßigen Vergleichstherapien und deren Berücksichtigung bei der Preisfindung", so Fahrenkamp.

Die Vorschläge würden die Vermutung belegen, dass die Kassenseite beim AMNOG vor allem Kostensenkung statt Versorgungsverbesserung und -vielfalt im Augehabe . Gehe es hier tatsächlich um Versorgungsrelevanz oder nicht doch eher um Ausgabenrelevanz? Denn offensichtliche Probleme des AMNOG wie die Verdrängung von neuen Arzneimitteln gegen chronische Erkrankungen oder die Tatsache, dass Arzneimittel häufig scheinbar „ohne Zusatznutzen“ aus der Bewertung gingen, würden dagegen nicht adressiert. "Zusatznutzen kann sich gerade bei neuen Arzneimitteln gegen chronische Erkrankungen wie Diabetes zum Teil erst in der langen Anwendung zeigen. Ärzte benötigen bei der Verordnung von Innovationen mehr Sicherheit anstatt weitere Einschränkungen der Therapiefreiheit", so Fahrenkamp.

Der BPI hat erst vor kurzem eine kritische AMNOG-Bilanz gezogen und konkrete Verbesserungsvorschläge gemacht: http://www.bpi.de/presse/pressekonferenzen/