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Vorschaltgesetz dringend notwendig

13.03.2023 17:19
Tief besorgt habe die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) die jüngsten öffentlichen Äußerungen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zur Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen zur Kenntnis genommen. „Die Aufforderung des Ministers an die Krankenhäuser im größten Bundesland, den dort laufenden Krankenhausplanungsprozess zu verlassen, gefährdet die Suche nach einem Kompromiss zwischen Bund und Ländern mitten in den laufenden Gesprächen. Wir sind einigermaßen sprachlos, und uns fehlt die Fantasie, wie in dieser Gemengelage in absehbarer Zeit eine einvernehmliche Lösung zwischen Lauterbach und den Ländern gefunden werden soll“, erklärt der DKG-Vorstandsvorsitzende Dr. Gerald Gaß auf dem jährlichen Krankenhausgipfel der DKG in Berlin.

Gleichzeitig sei die wirtschaftliche Lage der Kliniken dramatisch und spitze sich Monat für Monat zu. „Wegen des fehlenden Inflationsausgleichs sind bis Ende 2022 bereits 6,7 Milliarden Euro an Defiziten aufgelaufen, und aktuell kommen im Jahr 2023 jeden Monat 740 Millionen Euro dazu. Wenn nichts passiert stehen wir Ende 2023 bei minus 15,6 Milliarden Euro. Die Krankenhäuser liegen im Schockraum der Notaufnahme, und viele Kliniken werden die politische Therapie des Abwartens nicht überleben“, so Gaß. Nur sehr wenige Krankenhäuser (3 Prozent) bewerteten ihre aktuelle wirtschaftliche Situation noch als gut.

Diese Zahlen des neu erhobenen Krankenhaus-Index des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) im Auftrag der DKG untermauern nach Einschätzung des DKG-Vorsitzenden die Notlage der Kliniken. Die DKG fordert deshalb ein Vorschaltgesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser. Nur so könne verhindert werden, dass Kliniken vor der großen Krankenhausreform in Insolvenz gehen und dadurch Versorgungslücken entstehen. „Wenn Bundesminister Lauterbach seine in Aussicht gestellte Krankenhausreform als Rettung der von Insolvenz bedrohten Häuser darstellt, ohne aber unverzüglich lebensrettende Sofortmaßnahmen einzuleiten, dann wird er am Ende Krankenhäuser retten, die schon längst nicht mehr existieren“, prognostiziert Gaß. Auf dem Gipfel diskutierten neben Bundesgesundheitsminister Lauterbach Gesundheitspolitikerinnen und -politiker aus den Bundestagsfraktionen über aktuelle Themen der Krankenhauspolitik, darunter die Inflations- und Energiepreiskrise, sowie die von Lauterbach angekündigte tiefgreifende Krankenhausreform.

„Die Krankenhäuser sind in einer dramatischen Situation wie nie zuvor seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Die starke Inflation hat ihre ohnehin schon angespannte wirtschaftliche Lage verschärft. Nur wenige Krankenhäuser können aufgrund der Detailregelungen die von der Bundesregierung versprochenen Energiehilfen in Anspruch nehmen“, sagt Gaß.

Die DKG sei bereit, eine umfassende Krankenhausreform zu unterstützen, die von Bund und Ländern gemeinsam getragen werden müsse. „Wir werden aber nicht tatenlos zusehen, wie durch fortgesetztes wirtschaftliches Auszehren der Krankenhäuser über einen kalten Strukturwandel Fakten geschaffen werden, die am Ende weite Teile der Bevölkerung ratlos zurücklassen und das Vertrauen in unsere Sozialsysteme massiv beschädigen. Die Politik ist nicht nur verantwortlich für das, was sie tut, sondern auch für das, was sie nicht tut“, macht Gaß deutlich.

Die Transformation, die mit der Reform beschritten werden soll, muss finanziert werden. Wissenschaftler aus der Regierungskommission sprechen von 100 Milliarden Euro, die notwendig sein werden. Die DKG fordert jetzt in einem ersten Schritt ein dreigeteiltes Investitionsprogramm von 15 Milliarden Euro, jeweils anteilig von Bund, Ländern und Kostenträgern. Zusätzlich braucht es ein „Sondervermögen 3 Krankenhaus“, um die Strukturanpassungen in der notwendigen Konvergenzphase von acht bis zehn Jahren zu finanzieren. Mit der klimagerechten Modernisierung der Krankenhäuser kommen weitere herausfordernde Aufgaben auf die Gesundheitspolitik zu. Angesichts eines ohnehin bestehenden massiven Investitionsstaus in den Kliniken fordert die DKG einen Klimaschutzfonds und ein groß angelegtes Investitionsprogramm, das die Krankenhäuser dazu befähige, ihre oft veraltete Technik auf einen modernen Stand zu bringen.

„Die Betriebskosten müssen durch eine verstärkte Vorhaltefinanzierung gesichert werden. Die Ideen der Reformkommission gehen in die richtige Richtung. Dies und vor allem die Frage möglicher Versorgungsstufen und Leistungsgruppen und die notwendigen Länderöffnungsklauseln müssen in den kommenden Wochen einvernehmlich geklärt werden", so Gaß.