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Expertengremium fordert mehr menschliche Nähe bei der Digitalisierung

20.10.2021 13:26
Digitalisierungsexpertinnen und -experten appellieren an die kommende Bundesregierung, das Gesundheitssystem auf einen zeitgemäßen Stand zu bringen. Dafür bedürfe es einer größeren, zukunftsgerichteten Idee eines modernen Gesundheitswesens.

„Digitalisierung darf nicht zu seelenloser Effizienz im Gesundheitswesen führen. Sie muss die Beschäftigten in den Gesundheitsberufen entlasten und die individuelle Lebensqualität der Patientinnen und Patienten verbessern“, sagt Inga Bergen, Sprecherin des Wissenschaftlichen Beirats für digitale Transformation der AOK Nordost.

Der Beirat hat am 19. Oktober 2021 dazu das Impulspapier „Digitale Effizienz, menschliche Nähe“ veröffentlicht. Er benennt konkrete Anregungen für die kommenden Koalitionsverhandlungen.


Legitime Nutzung von Gesundheitsdaten muss stärker gefördert werden


In der kommenden Legislaturperiode bedürfe es eines Paradigmenwechsels im Verständnis von Datenschutz und Datennutzung, so der Beirat. Der noch amtierende Bundesdatenschützer Ulrich Kelber (SPD) hatte die Verarbeitung von Gesundheitsdaten in der elektronischen Patientenakte wiederholt problematisiert und sich in dieser Frage harte Auseinandersetzungen mit Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geliefert.

Richtig und zielführend wäre es, einerseits missbräuchliches Verhalten konsequent zu unterbinden und zu sanktionieren – andererseits aber auch die legitime Nutzung von Gesundheitsdaten zu ermöglichen und zu fördern, fordert der Beirat. Datenschutz werde nicht durch pauschale Verhinderung von Datenverarbeitung erreicht, sondern durch innovative Gestaltung von Technologien.

 

Eine konstruktive wie verantwortungsvolle Datenstrategie nähre zudem wichtige Zukunftsfelder wie die Präzisionsmedizin. Bleibe es bei der bisherigen restriktiven Linie, drohe Deutschland im Wettbewerb mit kommerziellen Anbietern aus den USA und China ins Hintertreffen zu geraten, warnt der Beirat.

 

Digitalisierung muss nun exzellent umgesetzt werden

 

Die Diskussion um die ungenau ausgewiesene Corona-Impfquote zeige zudem exemplarisch, dass auch die Erfassung, Verarbeitung und Nutzung von Gesundheitsdaten in Deutschland deutlich verbessert werden müsse. Darüber hinaus müsse die Telematik-Infrastruktur zügig ausgebaut werden. Und es müsse mehr getan werden, um allen Akteuren im Gesundheitswesen und den Versicherten eine höhere Digital-Kompetenz zu vermitteln.

„Die regulatorischen Grundlagen für die Digitalisierung des deutschen Gesundheitssystems sind gelegt. Nun muss die Umsetzung exzellent ausgeführt werden, damit die deutsche Gesundheitswirtschaft wettbewerbsfähig bleibt. Wer auch immer im Gesundheitsministerium Verantwortung übernimmt: Er oder sie muss das Thema digital health mit Herzblut und intrinsischer Motivation weiter vorantreiben“, fordert Beirats-Sprecherin Inga Bergen.

 

 

Der im November 2016 gegründete Wissenschaftliche Beirat für Digitale Transfomation der AOK Nordost berät die Gesundheitskasse kritisch und unabhängig bei Fragen der digitalen Transformationen im Gesundheitswesen. Mehrere Mitglieder des Beirats beraten in anderen Funktionen auch die Bundesregierung zu diesen Fragen.

Mitglieder des Beirats sind:

-  Prof. Dr. Dirk Heckmann (Geschäftsführer)
-  Dipl.-Pol. Inga Bergen (Sprecherin)

-  Prof. Dr. Wilfried Bernhardt
-  Prof. Dr. Dr. Walter Blocher
-  Prof. Dr. Stefan Heinemann
-  Prof. Dr. Dr. h.c. Stefan Jähnichen
-  Prof. Dr. Anne Paschke
-  Dipl.-Psych. Marina Weisband