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Preisdruck hat beim Brustkrebsmittel Tamoxifen zu einer gefährlichen Marktverengung geführt

21.03.2022 13:13
Der Engpass beim Brustkrebsmittel Tamoxifen war ein Schock für viele Patientinnen und Patienten. Einige Wochen lang schien die Versorgung mit einem nicht ersetzbaren Brustkrebsmedikament in Gefahr – und das, weil offenbar Zulieferer aus der Produktion ausgestiegen waren. Wie aber kann es bei einem lebenswichtigen Arzneimittel zum Versorgungsengpass kommen? Eine Ursache liegt nach Einschätzung von Pro Generika im niedrigen Preis, den die Kassen den Herstellern bezahlen.

• So beträgt die Summe, die die Arzneimittelhersteller von den Krankenkassen für eine 100er-Packung Tamoxifen erhalten, gerademal 8,80 Euro.

• Das ist der Erstattungspreis, den die Krankenkassen festlegen und der nicht erhöht werden kann. Egal ob die Produktionskosten steigen oder ein kostenaufwändiger Transfer zu einem anderen Zulieferer nötig wird: Ein Hersteller erhält für die Dreimonatspackung Tamoxifen 8,80 Euro.

• Das bedeutet: Ein Hersteller muss zu diesem Preis kostendeckend produzieren. Schafft er das nicht, muss er sich aus der Versorgung zurückziehen.

Immer mehr Hersteller steigen aus

Letzteres ist in den vergangenen Jahren bei Tamoxifen auf allen Ebenen der Lieferkette geschehen. Die Folge ist eine gefährliche Marktverengung: Gab es Ende 2006 noch 19 Hersteller von Tamoxifen-Arzneimitteln in Deutschland, sind es heute nur noch vier Hersteller, die den Großteil des Marktes versorgen und dabei zum Teil auf identische Zulieferer zurückgreifen.

Deutschland im europäischen Preisvergleich bei Tamoxifen ganz unten

Blickt man über die Landesgrenzen auf die Preise, die andere Gesundheitssysteme für Tamoxifen bezahlen, fällt auf: Kaum ein westeuropäisches Land gibt so wenig für dieses Arzneimittel aus wie Deutschland. Schon in direkter Nachbarschaft bezahlen die Krankenkassen deutlich mehr: rund das Doppelte in Frankreich und den Niederlanden sowie das Sechsfache in Österreich.

Was muss jetzt passieren?

Tamoxifen ist nur ein Beispiel für die vielen Generika, für die die Krankenkassen bloß noch Cent-Beträge für eine Tagestherapiedosis bezahlen. Ein Fall, aus dem wir Schlüsse ziehen sollten: Bei Wirkstoffen, für deren Produktion es nur noch eine Handvoll Hersteller gibt, müssen die Kostendämpfungsinstrumente ausgesetzt werden. Dort dürfen Preismoratorium, Festbeträge und Rabattverträge die Preise nicht derart geringhalten, dass es für Hersteller nicht mehr wirtschaftlich ist.

8,80 Euro können nicht länger der Gegenwert sein für drei Monate Versorgung mit einem hochkritischen Arzneimittel. Das haben zahllose Patientinnen und Patienten bitter erfahren müssen. Die Politik darf daher nicht zur Tagesordnung übergehen.