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HPI unterstützt mit "geballter Rechenkraft" Suche nach Corona-Impfstoff

31.03.2020 17:16
In den Kampf gegen das Coronavirus schaltet sich jetzt auch das Hasso-Plattner-Institut (HPI) mit seinem Spitzenforschungslabor in Potsdam ein: Es spendet einer Forscher-Initiative der Stanford University im Silicon Valley die geballte Kraft seiner Hochleistungsserver. Ziel ist es, mit verteilter Rechenkapazität schnell die räumliche Bewegung und Faltung solcher Proteine zu simulieren, die für die Entwicklung von Impfstoffen eine wichtige Rolle spielen könnten.

"Bisher hatte die Forscher-Initiative mit dem Namen 'Folding@Home' überwiegend die Zielgruppe der Liebhaber von Online-Spielen im Blick, weil deren Computer dank starker Central Processing Units, kurz: CPUs, und Grafikprozessoren über besonders viel Rechenleistung verfügen", berichtet HPI-Direktor Prof. Christoph Meinel. Seit Bekanntwerden des Projekts hätten sich bereits viele an den Simulationsaufgaben beteiligt. Die Internetnutzer müssten dazu ein kleines Programm auf ihren PC herunterladen und starten.

Potsdamer Rechen-"Power" für den guten Zweck

An dieser Stelle will das HPI-Spitzenforschungslabor Future SOC Lab (https://hpi.de/forschung/future-soc-lab.html) nach eigenen Angaben zusätzliche Unterstützung geben. SOC ist die Abkürzung für Service Oriented Computing, auf das die Forscher am Hasso-Plattner-Institut spezialisiert sind. "Dabei geht es, vereinfacht gesagt, um die Erstellung von Softwareeinheiten, die über ein Netzwerk verteilt werden können, um Geschäftsprozesse und Geschäftsanwendungen zu erstellen", erläutert Meinel.

Das Potsdamer Labor wolle mit seiner Unterstützungsaktion unter dem Namen "Folding@FutureSOCLab" dazu beitragen, "dass die Biologie der Coronavirus-Proteine besser verstanden wird und die Entwicklung von Impfstoffen und Therapeutika einen gehörigen Schub bekommt", so der Informatikwissenschaftler. Auch der Grafikchipproduzent Nvidia hatte bereits seine Kundschaft zum Mitmachen aufgefordert.

Die besonders leistungsfähige IT-Infrastruktur des HPI-Spitzenforschungslabors mit vielen Rechenkernen, hoher Arbeitsspeicherkapazität und großem Festplattenspeicher-Volumen kann unter anderem auf spezialisierte, extrem leistungsfähige Grafikprozessoren dieses Anbieters Nvidia zurückgreifen. Für Aufgaben im Bereich des Deep Learning bietet das Potsdamer Lab damit mehr als 1.000 TeraFLOPS und eine im Vergleich zu üblichen CPUs bis zu dreifache Beschleunigung des Trainings an.

Die Einheit TeraFLOP gibt an, wie viele mathematische Gleitkomma-Operationen ein Computer pro Sekunde erledigen kann. "Dieser Infrastruktur kommt bei der anstehenden Aufgabe besondere Bedeutung zu, weil ihr viele Vorgänge gleichzeitig bearbeitender Prozessor besonders gut Simulationsberechnungen durchzuführen vermag", berichtet der HPI-Direktor.

Wie unterdrücken Coronavirus-Proteine das Immunsystem?

Dies alles wird nun Berechnungen beschleunigen, mit denen die Forscher der Stanford University in Kalifornien herausfinden wollen, wie sich die Proteine der Coronaviren bei der Unterdrückung des Immunsystems und der eigenen Vermehrung verhalten. Im Kern geht es darum, wie sich die Proteine, also lineare molekulare Ketten von Aminosäuren, zu kompakten funktionellen Strukturen "falten". Die Art und Weise, in der die winzigen Komponenten eines Coronavirus-Proteins angeordnet sind und sich als Atome bewegen, bestimmt ihre Funktion.

Bisherige Experimente zur Bestimmung von Protein-Strukturen waren zwar sehr erfolgreich, lieferten jeweils aber nur eine Momentaufnahme von der normalen Form einer solchen Aminosäuren-Kette. "Doch mit der gewaltigen Rechenkraft des Future SOC Labs wollen wir unseren Kollegen in Stanford nun helfen zu analysieren, wie sich die vielen beweglichen Teile der Proteine im Zeitverlauf zueinander verhalten. Das könnte den Schlüssel für die Entwicklung eines Coronavirus-Medikaments liefern, das zielgerichtet auf eine entscheidende Stelle dieses Prozesses einwirkt", hofft Meinel. Bereits beim Ebola-Virus sei dies den Kollegen aus Stanford gelungen.

HPI stellt Labor seit 10 Jahren für verteiltes Rechnen bereit

Die Bereitstellung ihres Spitzenforschungslabors steuern die Potsdamer Informatikwissenschaftler vom heimischen Computer aus. Für sie und Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt ist das nicht erst seit der Corona-Krise gängige Praxis: Seit mittlerweile zehn Jahren werde das Potsdamer Future SOC Lab intensiv aus der Ferne genutzt.