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DIHK-Report: Leichte Stabilisierung, dennoch angespannte Lage

27.03.2023 13:12
Die Gesundheitswirtschaft sieht sich zu Jahresbeginn als Folge rückläufiger Energie- und Erzeugerpreise etwas besser aufgestellt als noch im vergangenen Herbst. Das geht aus dem DIHK-Gesundheitsreport hervor, an dem sich rund 800 Betriebe beteiligt hatten.

Jedes dritte Unternehmen (30 Prozent) bewertet in der aktuellen Umfrage seine Lage mit "gut", im Herbst waren es nur 25 Prozent. Zu dieser Einschätzung kommen die Unternehmen über alle Branchen hinweg, wenn auch unterschiedlich stark ausgeprägt. Demgegenüber stufen 20 Prozent der Betriebe aus der Gesundheitswirtschaft ihre Geschäftslage als "schlecht" ein, im Vorjahr waren es 24 Prozent.

"Die Talsohle vom vergangenen Herbst, als Energieengpässe und steigende Preise die Agenda beherrschten, haben die Unternehmen zwar mittlerweile durchschritten", sagt Achim Dercks, stellvertretender DIHK-Hauptgeschäftsführer. "Es wäre aber verfrüht, jetzt schon die Krise für beendet zu erklären. Solange das Preisniveau weiter hoch bleibt und andere strukturelle Probleme nicht gelöst werden, gibt es keinen tragfähigen Aufwärtstrend."

So rechnen nur 19 Prozent der Unternehmen der Gesundheitswirtschaft mit einer Verbesserung (zuletzt 10 Prozent), 31 Prozent mit einer Verschlechterung (zuletzt 43 Prozent) der eigenen Geschäfte – unter dem Strich überwiegen also weiterhin bei weitem die Negativ-Stimmen. Ein genauer Blick in die Branchen zeigt, dass sich vor allem in der pharmazeutischen und der Medizintechnikindustrie die Geschäftserwartungen verbessert haben. Hingegen gehen im Handel 40 Prozent der Betriebe von einer Verschlechterung der Geschäfte aus, nur 12 Prozent von einer Verbesserung.

Digitalisierungsstrategie im Gesundheitswesen "zügig umsetzen"

Zur Verunsicherung trägt auch die weiterhin schleppende Einführung des E-Rezepts bei. Dercks: "Die Digitalisierung im Gesundheitswesen muss endlich entschieden vorangebracht werden. Digitalisierung kann zu einem sinnvolleren Einsatz der knappen Fachkräfte beitragen und zugleich die Qualität der Versorgung steigern." Dies, so der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer, wirke sich perspektivisch auch positiv auf die Ausgabenentwicklung im Gesundheitswesen aus, was wiederum der gesamten Wirtschaft zugutekäme.

"Wegen der demografischen Entwicklung müssen Belegschaften insgesamt gesünder und damit verbundene Zusatzkosten für den Faktor Arbeit auch langfristig bezahlbar bleiben. Das Bundesgesundheitsministerium muss daher zentrale Vorhaben der neuen Digitalisierungsstrategie wie eine Stärkung der Forschungsdatenlandschaft daher zügig umsetzen", fügt Dercks hinzu.

Personalengpässe und Preisentwicklung machen Branche zu schaffen

Das größte Risiko in der Gesundheitswirtschaft sehen die Unternehmen beim Fachkräftemangel: 67 Prozent der Betriebe (im Vergleich zu 66 Prozent zum Vorjahr) sehen sich hiervon am meisten belastet, wobei Unternehmen in den Gesundheits- und sozialen Diensten mit 79 Prozent (zu 80 Prozent im Vorjahr) am stärksten betroffen sind.

Bei den Unternehmen in der pharmazeutischen Industrie ist die Sorge um qualifiziertes Personal zwar gestiegen (48 nach zuletzt 39 Prozent), jedoch nach wie vor deutlich weniger ausgeprägt als in der Gesundheitswirtschaft insgesamt. Der Mangel ist hier auch weniger virulent als in der gesamten Industrie (hier 61 Prozent).

Darüber hinaus bleiben die Preise für Rohstoffe und Energie ebenfalls ein großes Risiko für die Betriebe, wenn auch die Risikoschätzung auf 65 Prozent im Vergleich zum Herbst 2022 (79 Prozent) zurückgegangen ist. Auf die Preisentwicklung reagieren sowohl in der Pharmabranche (elf nach zuletzt 18 Prozent) als auch in der Medizintechnik (vier nach zuletzt 16 Prozent) deutlich weniger Unternehmen mit der Reduzierung ihrer Produktion oder Angebote.

Internationales Geschäft zieht an

Dank nachlassender Störungen in den globalen Lieferketten steigen die Exporterwartungen der industriellen Gesundheitswirtschaft in den nächsten zwölf Monaten deutlich an. In der Medizintechnikbranche rechnen 42 Prozent der Unternehmen mit einem Anstieg der Ausfuhren im Vergleich zu 21 Prozent in der letzten Umfrage. Gingen im Herbst noch 28 Prozent von einem Rückgang aus, sind es jetzt nur noch 16 Prozent. Auch in der Pharmabranche rechnen mehr Unternehmen mit steigenden (33 Prozent) als mit weniger (14 Prozent) Ausfuhren.

Industrielle Gesundheitswirtschaft relativ optimistisch

Die Erwartungen sind in der industriellen Gesundheitswirtschaft weiterhin deutlich besser als in der Industrie insgesamt. Ein Grund dafür ist, dass die Gesundheitswirtschaft weniger konjunkturellen Einflüssen ausgesetzt ist als andere Branchen, wie beispielsweise der Maschinenbau. Zudem steigt der Bedarf an Gesundheitsleistungen aufgrund des Wachstums der Bevölkerung und des steigenden Wohlstands, insbesondere in den Entwicklungs- und Schwellenländern, weltweit weiter an. Die industrielle Gesundheitswirtschaft kann somit optimistisch in die Zukunft blicken und auf weiteres Wachstum hoffen.

Unternehmen halten sich mit Investitionen zurück

Trotz verbesserter Aussichten bleiben die Investitionspläne der Unternehmen in der Gesundheitswirtschaft auf niedrigem Niveau. Demnach planen 21 Prozent der Unternehmen aufgrund hoher Kostenbelastungen Investitionen zurückstellen. Nur 32 Prozent setzen in den kommenden Monaten auf mehr Investitionen, während 27 Prozent ihre Investitionen zurückfahren wollen.

In der Pharmabranche wollen sogar mehr Unternehmen ihre Budgets reduzieren als erhöhen. Zudem wollen Pharmaunternehmen so wenig in Produktinnovationen investieren wie zuletzt im Herbst 2015.

Ein Grund ist neben hohen Energiepreisen auch die restriktivere Preisregulierung insbesondere für patentgeschützte Arzneimittel. So sieht das neue GKV-Finanzstabilisierungsgesetz unter anderem neue Preisobergrenzen, einen zusätzlichen Herstellerrabatt für 2023 sowie eine Verlängerung des Preismoratoriums bis 2026 vor. Dercks: "Grundsätzlich sind Bemühungen des Gesetzgebers, die Kosten im System der GKV zu begrenzen außerordentlich wichtig. Dabei sollte die Preisregulierung jedoch unbedingt auch die Auswirkungen auf den Gesundheits- und Wirtschaftsstandort im Auge behalten. Reduzierte Investitions- und Innovationsaufwendungen wirken sich nicht nur negativ auf die Forschungsleistungen der Unternehmen und deren regionale Wirtschaftsstandorte aus, sie bremsen auch die Entwicklung der Versorgungsqualität."